Mineralogie: Kristalle in Fertigbauweise
Kristalle wachsen, indem sich einzelne Ionen an einen vorhandenen Kristallisationskeim anlagern. So lautet zumindest die gängige Theorie. Dass auch ein anderer Mechanismus möglich ist, zeigen Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Jillian Banfield an der Universität von Wisconsin in Madison. Danach können sich größere Einheiten aneinander fügen, die aus Hunderten bis Zehntausenden von Atomen bestehen. Die Forscher untersuchten von Bakterien gebildetes Eisen-oxid-hydroxid, das sie aus einer aufgegebenen und mittlerweile gefluteten Mine in Wisconsin gesammelt hatten. Sie fanden in ihren Proben winzige Partikel mit einer Größe von zwei bis drei Nanometern und längere ketten- oder blattähnliche Kristalle. Während die einzelnen Nanokristalle eher zufällig zueinander angeordnet waren, zeigten sie in den größeren Strukturen eine einheitliche Ausrichtung. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass sich die Ketten über "orientiertes Anheften" der Nanokristalle bilden: Wenn diese sich aneinander lagern, wird das Wasser aus den Nahtstellen verdrängt, und es bilden sich neue Eisen-Sauerstoff-Bindungen, dabei ändern die Atome ihre Position, und die Kristallachsen richten sich parallel aus. (Science, Bd. 289, S. 751)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 10 / 2000, Seite 27
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben