Evolution: Land in Sicht
Forscher um Malcolm McIver von der Northwestern University in Illinois haben eine neue These dazu aufgestellt, wie unsere Wasser bewohnenden Wirbeltiervorfahren das Land besiedelten. Demnach spielte dabei die visuelle Wahrnehmung eine entscheidende Rolle. An der Luft lassen sich Beutetiere aus wesentlich größerer Entfernung erkennen als unter Wasser, weshalb manche Fische im späten Devon entsprechende Spezialisierungen des Sehsinns ausprägten – was vermutlich eine wichtige Voraussetzung für den späteren Landgang war.
McIver und sein Team untersuchten Fossilien von 59 Wirbeltier-Gruppen aus der Zeit des Landgangs der Wirbeltiere vor etwa 400 Millionen Jahren. Dabei stellten die Forscher fest: Bei den Tieren, die am evolutionären Übergang zu Landlebewesen standen, verdreifachte sich innerhalb weniger Jahrmillionen die Größe der Augen. Zugleich wanderten diese von den Seiten des Kopfs nach oben zum Schädeldach. Wichtig sei, so die Forscher, dass die Entwicklungen stattfanden, bevor sich die Flossen der Fische in beinähnliche Gliedmaßen umformten. Die Veränderungen des Sehorgans gingen jenen des Fortbewegungsapparats also voraus.
Unter Wasser ist die Sicht meist äußerst eingeschränkt, unabhängig von den Abmessungen der Augen. In der Luft jedoch erweitert sich mit ihrer zunehmenden Größe der überblickbare Bereich dramatisch. Fischen im späten Devon, die mit vergrößerten Augen über die Wasserlinie schauten, dürfte das erleichtert haben, Wirbellose zu jagen, die sich nahe der Wasseroberfläche bewegten, etwa Insekten. Vermutlich lauerten die Fische ihnen zunächst am Ufer auf, wobei wie bei Krokodilen nur die Oberseite ihres Kopfes aus dem Wasser ragte.
Laut McIver und seinen Kollegen gab die visuelle Wahrnehmung durch die Luft zudem entscheidende Impulse für die Hirnentwicklung. Denn während Wasserbewohner wegen der geringen Sichtweite auf schnelle Reflexe setzen müssen, um Beute zu jagen oder Feinden zu entkommen, bieten sich Landtieren wesentlich mehr Alternativen, zwischen denen es abzuwägen gilt. Dies habe, so die Forscher, zunehmend planerische Fähigkeiten erfordert und daher die Entwicklung komplexer Gehirne vorangetrieben.
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