Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Deutschland im Klimawandel: Landwirtschaft: Leidtragende und Mitverursacherin

Während Klimaextreme wie Starkregen, Hagel oder Hitzewellen direkt Ernteverluste auslösen, wirken manche Folgen der Erwärmung subtiler und langfristiger: Landwirte müssen etwa mit bisher unbekannten Schädlingen umgehen, alternative Bewässerungsmethoden finden - und teilweise neue Pflanzensorten anbauen.
Ein Mähdrescher holt die Ernte ein

Titelthema: Deutschland im Klimawandel

Dieser Artikel ist Teil des mehrteiligen Titelthemas »Deutschland im Klimawandel« der Septemberausgabe von Spektrum der Wissenschaft. Die weiteren Artikel finden Sie hier:

Wie sich Temperaturen und Niederschläge im Jahresverlauf verhalten, bestimmt Saat- und Pflanzzeiten, das Wachstum, Erntezeiten und die Zeit der Vegetationsruhe, in der die Pflanzen nicht wachsen. Genauso hängt davon ab, wie viel Wasser verfügbar ist, welche Struktur die Böden aufweisen, wo Schädlinge und Pflanzenkrankheiten auftreten und wie sie sich verbreiten – sowie letztlich Ertrag und Qualität der Ernte. Der Witterungsverlauf schwankt von Jahr zu Jahr, worauf die Landwirtschaft eingestellt ist und sich mit flexiblen Produktionszyklen anpasst. Doch mit fortschreitendem Klimawandel verändern sich Temperaturen und Niederschläge im Jahresverlauf drastischer und werden die Schwankungen teils so stark, dass herkömmliche Produktionsmethoden an ihre Grenzen stoßen. Bereits jetzt treten Hitze- und Trockenperioden, Dauer- und Starkregen vermehrt auf; sie können ganze Ernten vernichten und Landstriche degradieren. Auch in Deutschland sind in den vergangenen Jahren gehäuft meteorologische Extreme aufgetreten, wie etwa die Hitze und Trockenheit in den Jahren 2018 und 2019. Dadurch haben Ackerbaubetriebe vielerorts geringere Ernten eingefahren, beispielsweise bei Weizen, Gerste und Raps. Milchviehbetriebe hatten durch verringertes Wachstum auf Grünland zu wenig eigenes Futter produziert, und die Milchkühe litten unter Hitzestress. Die extreme Trockenheit führte zudem zu erhöhter Winderosion, und in Mittel- und Nordostdeutschland brachen Flächenbrände aus.

Selbst wenn es gelingt, die globale Erwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen, wie im Pariser Klimaabkommen festgelegt, wird das für die Landwirtschaft in Deutschland bereits weit reichende Auswirkungen haben. Der Sonderbericht des Weltklimarats vom September 2018 zu den Folgen einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad zeigt, wie viel kleiner diese ausfallen, verglichen mit einer Erwärmung um 2 Grad, bei der bereits sehr drastische Folgen zu spüren sind. Im Projekt Impact2C haben wir mit rund 80 Expertinnen und Experten aus ganz Europa die zu erwartenden Veränderungen modelliert und herausgearbeitet, was zwei zusätzliche Grad für verschiedene Bereiche wie Landwirtschaft, Wasserhaushalt oder die Wälder in Europa bedeuten. Unter anderem haben wir so abgeschätzt, wie anfällig verschiedene Nutzpflanzen gegenüber einer Erwärmung sind. Weizen – der in Europa fast die Hälfte des erzeugten Getreides ausmacht – hat demnach in Deutschland eine mittlere bis hohe »Vulnerabilität«, würde also unter den neuen Gegebenheiten deutlich schlechter wachsen. Für Gerste ergibt sich ein ähnliches Bild. Landwirte müssen sich daher Gedanken machen, wie sie ihre Felder für die Zukunft fit machen …

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Klimaretter Ozean

Am Puls der Forschung: Könnten die Weltmeere zu einem unserer Rettungsanker im Zeitalter der Klimakrise werden? Das untersuchen Forscher in einem Geoengineering-Experiment in der Kieler Förde - unsere Redakteurin Katharina Menne hat sie dort besucht. Ebenfalls vor Ort hat sich ihre Kollegin Manon Bischoff am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken angesehen, wie digitale Doppelgänger entwickelt werden. Sie könnten die medizinische Diagnostik revolutionieren. Weitere Themen: Lucys Entdeckung und ihre Bedeutung sowie die Frage, wie unser Gehirn mit Unsicherheit umgeht.

Spektrum - Die Woche – Klimakonferenz in Trumps Schatten

Am 11. November begann die 29. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP29). Angesichts steigender CO₂-Emissionen und erschöpfter natürlicher Puffer wie Wälder und Ozeane steht die Weltgemeinschaft vor großen Herausforderungen.

Spektrum Kompakt – Geheimnisvolle Welt der Meere

So malerisch das Meer auf Urlaubsfotos aussieht, so wichtig ist es für das Klima und die Biodiversität, zumal vieles noch unerforscht ist. Doch durch den Klimawandel ändern sich auch die Lebensbedingungen in Meeren und Ozeanen – mit verheerenden Folgen.

  • Quellen

Belleflamme, A. et al.: Forecasts of plant available and seepage water for agricultural usage during recent extreme hydrometeorological conditions in western Germany using a convectionpermitting regional Earth-system model. EGU General Assembly 2020 10.5194/egusphere-egu2020-4704, 2020

Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Climate change and land: An IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems. IPCC, 2019

Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Global warming of 1.5°C. An IPCC special report on the impacts of global warming of 1.5°C above pre-industrial levels and related global greenhouse gas emission pathways, in the context of strengthening the global response to the threat of climate change, sustainable development, and efforts to eradicate poverty. IPCC, 2018

Sieck, K. et al.: Weather extremes over Europe under 1.5 °C and 2.0 °C global warming from HAPPI regional climate ensemble simulations. Earth System Dynamics 10.5194/esd-2020-4, 2020 (noch nicht erschienen)

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.