Bildgebung: Illusionen aus dem Hirnscanner?
An einem Herbstnachmittag im Li Ka Shing Center der University of California in Berkeley betrachtete ich mein Gehirn. Ich hatte gerade zehn Minuten in einem 3-Tesla-MRT-Scanner verbracht, einer sehr teuren, magnetischen Gehirnkamera. Auf dem Rücken liegend hatte ich meine Klaustrophobie heruntergeschluckt und dem lauten Getöse der Maschine gelauscht.
Zu der Zeit war ich Studentin der Neurowissenschaften im Neuroeconomics Lab der Universität. Es war das erste Mal, dass ich mein eigenes Gehirn sah – eine graue 3-D-Rekonstruktion auf dem schwarzem Hintergrund des Monitors.
Auf den ersten Blick schien das Abbild nicht viel mit mir zu tun zu haben: Meine Haare waren nicht zu sehen, nur der Schädelknochen mit einem Querschnitt des Hirngewebes im Inneren. Ich fuhr mit der Maus durch die horizontalen Ebenen und begutachtete die verzweigten, wurzelartigen Muster des Kleinhirns, die klaffenden Löcher der Ventrikel und die wellenförmigen Strukturen der Hirnrinde.
Diese erste Begegnung mit einem Hirnscanner hatte es mir angetan: Im folgenden Jahr begann ich meine Abschlussarbeit in Kognitionswissenschaften an der Harvard University in Cambridge. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) wollte ich diejenigen Hirnregionen untersuchen, die an der sozialen Entscheidungsfindung beteiligt sind. Wenn wir verstehen, wie Vorurteile – neuronal betrachtet – entstehen, werden wir sie vielleicht eines Tages überwinden können, so meine Hoffnung. Dabei ahnte ich nicht, in welchen wissenschaftlichen Morast ich mich begeben hatte.
Die Magnetresonanztomografie hat in den letzten Jahrzehnten die Medizin revolutioniert. Sie ermöglicht es Ärzten, das Gehirn exakt abzubilden, um beispielsweise neurochirurgische Eingriffe zu planen. Der Einsatz in der Kognitionsforschung ist jedoch umstritten. Das liegt unter anderem daran, dass das Verfahren die neuronale Aktivität nur indirekt misst: Die bunten Bilder zeigen lediglich eine Veränderung des Blutflusses im Gehirn an. Außerdem erfordert die Technik einen enormen Rechenaufwand, um das eigentlich interessante Signal vom unwichtigen »Rauschen« zu trennen – Forscher müssen dabei diverse Entscheidungen treffen, die nicht selten zu Fehlern führen. Deshalb kämpft die Hirnbildgebung mit einer Vielzahl an Problemen, darunter Softwarefehler, statistische Fallstricke und fehlende Reproduzierbarkeit ...
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