Capgras-Syndrom: Meine Frau ist eine andere
Herr B. ist Landwirt im Ruhestand. Er kam in Begleitung seiner Frau in meine Sprechstunde, weil er sich neuerdings auffällig langsam bewegte. Der Hausarzt bestätigte den schleppenden Gang und vermutete eine Parkinsonerkrankung dahinter. Am besten solle sich Herr B. einem Neurologen vorstellen.
Am Ende der Konsultation gab mir seine Frau sichtlich beunruhigt zu verstehen, dass ihr Mann außerdem "etwas seltsam" geworden sei. Eigentlich laufe alles gut, erklärte sie, bis auf diese fixe Idee, die er vor etwa einem Jahr zum ersten Mal geäußert habe. Manchmal erzähle ihr Mann nämlich von einer anderen Frau, die seiner Meinung nach viel Zeit bei ihm verbringe und sich in sein Leben einschleiche, sobald die Ehefrau fort sei. Eines Morgens habe Frau B. ihrem Mann zum Beispiel bei der Gartenarbeit geholfen. Dann sei sie ins Haus gegangen, und er habe noch etwas weitergewerkelt. Zehn Minuten später habe Herr B. sie in der Küche getroffen und gesagt: "Übrigens hat sie mir heute wieder bei der Gartenarbeit geholfen." – "Wer ist denn sie?", fragte seine Frau erstaunt. "Du weißt schon, diese junge Dame, die immer vorbeischaut ... Hast du sie weggeschickt?"
Herr B. hatte keine Scheu, mit mir über die mysteriöse Fremde zu sprechen. Sie besuche ihn seit einiger Zeit regelmäßig, und zwar immer dann, wenn seine Ehefrau selbst gerade fort sei. Erstaunlicherweise sehe die Dame seiner Frau auch noch überaus ähnlich. "Sie ist eine Doppelgängerin, das ist unglaublich! Ich vermute, dass sie sich absichtlich so anzieht wie sie. Das muss man wirklich gesehen haben, um es zu glauben!"
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