Meteorit ALH84001 - Zeuge archaischer Lebensform auf dem Mars?
Amerikanische Wissenschaftler wollen in einem Meteoriten 3,6 Milliarden Jahre alte Spuren primitiver Lebensvorgänge gefunden haben. Demnach hätte unser Nachbarplanet, von dem der Gesteinsbrocken stammen soll, in seiner Frühzeit auch biologisch eine ähnliche Entwicklung genommen wie die Erde, bevor sich seine Oberfläche schließlich in eine Geröll- und Sandwüste verwandelte.
Die Ankündigung war besonders medienwirksam inszeniert. Der Leiter der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA, Daniel S. Goldin, trat zunächst selbst einen Tag vor der eigentlichen Pressekonferenz mit der Meldung an die Öffentlichkeit, die NASA habe "eine erstaunliche Entdeckung gemacht, die darauf hinweist, daß auf dem Mars vor mehr als drei Milliarden Jahren eine primitive Form mikroskopischen Lebens existiert haben könnte". Er fügte hinzu: "Bitte beachten Sie, daß wir nicht über ‰kleine grüne Männchen' sprechen. Es sind vielmehr äußerst kleine einzellige Strukturen, die in etwa den irdischen Bakterien ähneln. Nichts läßt vermuten, daß es auf dem Mars jemals irgendeine höhere Lebensform gab."
Trotz dieser Einschränkung konnte er sich der Aufmerksamkeit der Medien gewiß sein – ob extraterrestrisches Leben existiere gehört schließlich zu den wichtigsten noch ungelösten Fragen der Wissenschaft, und die Öffentlichkeit nimmt regen Anteil daran. Erstaunen mag eher, daß die Berichterstattung oft von Skepsis und Zurückhaltung geprägt war, und zwar nicht nur in der europäischen Presse. Selbst ein Kommentator in der "New York Times" meinte: "Die Indizien ... sind kaum überzeugend. Das alles könnte sich durchaus als komplette Fehlinterpretation herausstellen – oder als ein Propagandagetöse der NASA, die wie alle Bundesbehörden verzweifelt ihr Budget zu rechtfertigen sucht."
In der Tat hat die NASA eine gewisse Imagepflege nötig. Gerade in ihrem Mars-Forschungsprogramm mußte sie bei der letzten Mission einen bitteren Rückschlag hinnehmen: Als der 510 Millionen Dollar teure Mars Observer nach elfmonatigem Flug im August 1993 an seinem Ziel eintraf, geriet er offenbar infolge ausströmenden Gases in wildes Trudeln und blieb verschollen – Ursache war ein defektes Treibstoffventil.
Doch am 6. November diesen Jahres soll Mars Global Surveyor als Ersatzsonde starten. Bereits am 2. Dezember wird Mars Pathfinder folgen, der am 4. Juli 1997 – dem Nationalfeiertag der USA – auf dem Nachbarplaneten landen und dort ein kleines Roboterfahrzeug namens Sojourner aussetzen soll. Ebenfalls im November wird die russisch-europäische Sonde Mars 96 auf den Weg gebracht werden. Diesen drei Missionen werden bis zum Jahre 2003 weitere folgen. Der Erfolgs- und Konkurrenzdruck ist also groß genug, um zwischendurch eine Selbstbestätigung brauchen zu können. Nach Goldins Presseerklärung pries denn auch US-Präsident Bill Clinton die Entdeckung als "eine weitere Rechtfertigung für Amerikas Raumfahrtprogramm", und er versprach, das Programm werde "seine volle intellektuelle Stärke und all sein technologisches Können daransetzen, weitere Indizien für Leben auf dem Mars zu suchen".
Erkenntnisse aus früheren Mars-Missionen
Mars ist heute nach irdischen Maßstäben ein unwirtlicher Planet. Seine Atmosphäre besteht zu 95 Prozent aus Kohlendioxid (CO2); den Rest machen Stickstoff (N2), Edelgase und Spuren von Sauerstoff und Wasserdampf aus. Der Luftdruck an der Oberfläche beträgt nur ein Hundertstel von dem auf der Erde. Die Temperaturen schwanken zwischen -120 und maximal +25 Grad Celsius. Durch die Raumfahrtmissionen der sechziger und siebziger Jahre weiß man aber auch, daß in der Frühzeit des Sonnensystems die Zusammensetzung der Atmosphäre und das Klima dort den irdischen Verhältnissen durchaus ähnlich waren. Selbst Wasser gab es damals in beachtlicher Menge, wie flußbettähnliche Strukturen belegen. Das Klimasystem des Mars entwickelte sich jedoch anders als das der Erde, so daß unser Nachbarplanet mit der Zeit den größten Teil seiner Atmosphäre verlor, abkühlte und austrocknete (Spektrum der Wissenschaft, Juli 1986, Seite 54, und April 1988, Seite 46). Insbesondere der Umstand, daß Mars kein nennenswertes Magnetfeld besitzt, dürfte dazu beigetragen haben, denn so kann der Sonnenwind ungehindert auf die Ionosphäre auftreffen und die Gasmoleküle mitreißen. Als im Juli und September 1976 die beiden Landestufen der NASA-Sonden Viking 1 und 2 auf dem Marsboden aufsetzten, forschten sie in dem rötlichen Oberflächenmaterial auch nach Spuren von biologischer Aktivität. In einem kleinen Labor wurden an Ort und Stelle drei Experimente durchgeführt. Eines suchte in einer Bodenprobe, die in einer Kohlendioxid-Atmosphäre mit simuliertem Sonnenlicht bestrahlt wurde, nach Anzeichen einer Photosynthese. Im zweiten wurde eine weitere Probe mit einer Lösung aus Wasser und zuckerähnlichen Substanzen, die radioaktiven Kohlenstoff enthielten, vermischt; hätten Mikroorganismen diese Nahrung aufgenommen, wäre das entstehende Kohlendioxid durch seine Radioaktivität nachzuweisen gewesen. Eine dritte Probe wurde schließlich mit einer Nährlösung getränkt und mit den Gasen der Marsatmosphäre in einem Behälter eingeschlossen; falls gasförmige Stoffwechselprodukte erzeugt worden wären, hätte ein Gaschromatograph dies festgestellt. Alle drei Experimente verliefen negativ – der Mars schien an seiner Oberfläche steril zu sein. Alle Hoffnungen, Leben auf unserem äußeren Nachbarplaneten zu finden, und sei es noch so primitiv, mußten aufgegeben werden. Oder doch nicht? Letztlich zeigten die Resultate nur, daß es in der unmittelbaren Umgebung der Viking-Landeplätze unter den heute dort herrschenden klimatischen Bedingungen keine Organismen gibt, die auf derartige Versuchsreihen ansprechen. In früheren Zeiten, als der Mars wärmer war und mehr Wasser aufwies, könnte es durchaus einfache Lebensformen gegeben haben. Auch ist nicht auszuschließen, daß Mars-Organismen – so sie denn existieren – gänzlich anders aufgebaut sind als irdische und deshalb nicht auf die Viking-Experimente reagierten. Aufschluß könnten nur genauere Untersuchungen von Mars-Bodenproben geben. Doch bislang hat kein Raumflugkörper Material von dort mitgebracht. In diesem Zusammenhang müssen die Forscher es als besonderen Glücksfall ansehen, daß sozusagen vor ihrer Haustüre Steinbrocken zu finden sind, die offenbar vom Mars stammen: die sogenannten SNC-Meteorite nämlich.
Entstehung und Herkunft der SNC-Meteorite
Unter den etwa 40000 Tonnen meteoritischen Materials, das pro Jahr in die Erdatmosphäre eindringt und dort meist verglüht, befinden sich einige feste Körper, die groß genug sind, um bis auf die Erdoberfläche vordringen zu können. Die meisten von ihnen bestehen aus Gesteinen, die bei der Bildung des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden entstanden sind und seitdem unverändert blieben. Doch etwa zehn Prozent der Steinmeteorite müssen sich beim Erstarren von Lava auf einem Himmelskörper gebildet haben, der später zerbrach; sie sind in der Regel hundert bis zweihundert Millionen Jahre jünger als die nicht-vulkanischen Ursprungs.
Eine kleine Untergruppe dieser Erstarrungsgesteine, die mittlerweile zwölf Exemplare umfaßt, unterscheidet sich jedoch deutlich in Aufbau und Alter von den übrigen. Die Anfangsbuchstaben der ersten Fundorte Shergotty (Indien), Nakhla (Ägypten) und Chassigny (Frankreich) gaben dieser Gruppe ihren Namen: SNC-Meteorite. Die meisten von ihnen sind, wie radiometrische Untersuchungen ergaben, erst vor 1,1 bis 1,3 Milliarden Jahren aus der Schmelze erstarrt. Auffällig an ihnen ist, daß sie teilweise aus Maskelynit bestehen, einem Glas, das in der Zusammensetzung dem Mineral Plagioklas – einem üblichen Bestandteil der vulkanischen Meteorite – ähnelt, im Gegensatz zu diesem aber nicht von kristalliner, sondern von ungeordneter Struktur ist. Maskelynit bildet sich aus Plagioklas, wenn dieses einem Druckstoß von mindestens 30 Gigapascal, dem 300000fachen Druck der Erdatmosphäre, ausgesetzt wird (Spektrum der Wissenschaft, August 1980, Seite 78, und Juni 1990, Seite 108).
Die SNC-Meteorite müssen demnach auf einem Himmelskörper entstanden sein, der noch vor ungefähr einer Milliarde Jahren Vulkanismus aufwies. Offensichtlich waren sie dann beim Einschlag eines anderen Objekts einer gewaltigen Stoßwelle ausgesetzt, durch die sie auch herausgerissen und in den interplanetaren Raum geschleudert wurden. Nachdem sie danach einige Millionen Jahre als eigenständige Trabanten die Sonne umkreisten, kollidierten sie schließlich mit der Erde.
Dieses Szenario ist durchaus stichhaltig. Vulkane sind – außer auf unserem Heimatplaneten – auf dem Mars, dem Mond, dem Jupitermond Io und dem Neptunmond Triton nachgewiesen. Doch kommt aufgrund der chemischen Zusammensetzung der SNC-Meteorite nur unser Nachbarplanet in Frage. Das stärkste Indiz für die Herkunft stammt aus der Untersuchung eines Meteoriten dieser Gruppe, der 1979 in der Antarktis gefunden wurde: Im Glasmaterial von EETA79001, so dessen Bezeichnung, sind Edelgase eingeschlossen, die im gleichen Verhältnis zueinander vorliegen wie in der Marsatmosphäre.
John D. Keefe und Thomas J. Ahrens vom California Institute of Technology in Pasadena vermochten vor zehn Jahren mittels Computersimulationen auch den Auswurfmechanismus zu erklären: Beim Aufprall eines Körpers auf dem Mars würden zwar das Einschlagsobjekt selbst und die unmittelbaren Auswurfprodukte verdampfen, doch bei schrägem Einfall und bestimmter Mindestgröße und -geschwindigkeit des Eindringlings könnte ein überschallschneller Dampfstrahl entstehen, der einen Teil des Marsbodens wegreißen und so stark beschleunigen würde, daß Trümmerstücke das Schwerefeld dieses Planeten verließen (Spektrum der Wissenschaft, Februar 1987, Seite 14). Schließlich läßt sich das Bestrahlungsalter – die Zeit, die ein Meteorit als freier Körper im All verbrachte – anhand der Kernreaktionen ermitteln, die das Jahrmillionen währende Bombardement kosmischer Strahlen in ihm ausgelöst hat.
Die Untersuchung von ALH84001
Die zwölf bekannten SNC-Meteorite gehören fünf verschiedenen Gesteinsklassen an. Sie sind grau oder schwarz gefärbt und stammen aus einer Schicht unterhalb der Marsoberfläche (Gesteine an der Oberfläche sind verwittert und weisen infolge der Oxidierung des in ihnen enthaltenen Eisens die typisch rote Farbe auf). Einer von ihnen, ALH84001, war bereits 1984 im Allen-Hills-Eisfeld in der Antarktis gefunden, doch erst 1993 als Mars-Meteorit eingestuft worden. Der 1,9 Kilogramm schwere Stein ist der einzige Orthopyroxenit in der SNC-Gruppe (Bild 1 links). Er unterscheidet sich auch durch sein Alter von den übrigen elf Vertretern: Er erstarrte bereits vor 4,5 Milliarden Jahren, ist also etwa viermal so alt wie die anderen. Eine Forschergruppe um David S. McKay, Everett K. Gibson und Kathie L. Thomas-Keprta vom Johnson-Raumfahrtzentrum der NASA in Houston (Texas) hat mit Unterstützung eines von dem Chemiker Richard N. Zare von der Stanford-Universität in Palo Alto (Kalifornien) geleiteten Teams den Meteoriten zwei Jahre lang mit mikromineralogischen Verfahren untersucht. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler am 7. August vorgestellt und zwischenzeitlich auch publiziert ("Science", Band 273, Seite 924, 16. August 1996). Gefügemerkmale von ALH84001 weisen den Forschern zufolge auf mindestens zwei Stoßwellenereignisse hin, die in der Zeit des schweren Meteoriten-Bombardements stattfanden, dem die inneren Planeten in der Frühzeit des Sonnensystems vor etwa 4 Milliarden Jahren ausgesetzt waren; dadurch hat der Steinbrocken offenbar zahlreiche feine Risse bekommen. Vor etwa 3,6 Milliarden Jahren soll Wasser, das mit Kohlendioxid aus der Marsatmosphäre gesättigt war, in diese Risse des Tiefengesteins eingedrungen sein und dort Carbonate abgelagert haben (Bild 1 rechts). Mikroorganismen könnten – so meinen die NASA-Wissenschaftler – bei der Bildung dieser Minerale behilflich gewesen sein; fossile Reste dieser Mikroben seien offenbar erkennbar (Bilder 2 und 3). Aus dem gemessenen Bestrahlungsalter des Steinbrockens folge, daß er vor 16 Millionen Jahren beim Einschlag eines Himmelskörpers aus dem Marsboden herausgerissen und in den Weltraum geschleudert wurde; vor etwa 13000 Jahren ging er dann als Meteorit in der Antarktis nieder. Die Carbonat-Ablagerungen – ein bis 250 Mikrometer (tausendstel Millimeter) große Kügelchen – sind für SNC-Meteorite einzigartig. Der naheliegenden Vermutung, sie könnten während der Ruhezeit des Steines auf der Erde entstanden sein, widersprechen allerdings sowohl die Isotopenzusammensetzung der Minerale als auch die Effekte einer Stoßwellen-Metamorphose, die in ihrem Gefüge erkennbar sind. Diese Effekte wiederum lassen an der Annahme, die Ablagerungen wären unter Mithilfe von Mikroorganismen entstanden, Zweifel aufkommen. Wie nämlich Ralph P. Harvey von der Case-Western-Reserve-Universität in Cleveland (Ohio) und Harry Y. McSween von der Universität von Tennessee in Knoxville kürzlich zeigten, könnten sich die Carbonat-Kügelchen auch bei einem Impakt-Ereignis gebildet haben, bei dem das Gestein und das umgebende kohlendioxid-reiche Wasser auf mehr als 650 Grad Celsius erhitzt wurden ("Nature", Band 382, Seite 49). Doch die NASA-Forscher legen weitere Indizien vor. So suchten Zare und seine Mitarbeiter in ALH84001 nach polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Dies sind aus Benzolringen bestehende Kohlenstoff-Wasserstoff-Verbindungen, die bei der Pyrolyse organischer Substanzen (also bei ihrer thermischen Zersetzung unter Sauerstoffmangel) entstehen und in geringen Mengen in Erdölprodukten und Rauch enthalten sind. Um diese Substanzen als Indiz für Zerfallsprodukte abgestorbener Mikroorganismen heranzuziehen, ist äußerste Sorgfalt in der Meßtechnik vonnöten, weil sie als Schadstoffe praktisch überall in der Umwelt anzutreffen sind. Zares Gruppe verfügt über eines der gegenwärtig leistungsfähigsten Meßgeräte für den Nachweis organischer Moleküle und ist mit der Untersuchung meteoritischen Materials bestens vertraut. Ende 1993 gelang es ihm gemeinsam mit Robert M. Walker von der Washington-Universität in St. Louis (Missouri) erstmals, PAK in interplanetaren Staubteilchen nachzuweisen, die in der Stratosphäre gesammelt worden waren ("Science", Band 262, Seite 721). Im Frühjahr dieses Jahres konnten die beiden Wissenschaftler Verbindungen dieser Art – wie etwa Naphthalin (C10H8), Acenaphthen (C12H10) und Phenanthren (C14H10) – sogar in mikroskopisch kleinen Graphitkörnern, die sie aus vier verschiedenen Meteoriten isoliert hatten, nachweisen; bei diesen Körnchen handelt es sich, wie Isotopenmessungen zeigen, um Staub aus dem interstellaren Raum, der bei der Entstehung der Meteoritenkörper darin eingeschlossen wurde ("Proceedings of the Lunar and Planetary Science Conference", Band 26, Seite 229). Dieser Befund stützt die seit langem bestehende Vermutung, daß PAK nahezu überall im Universum anzutreffen sind: Die Spektren interstellarer Gas- und Staubnebel enthalten Linien, die auf derartige Verbindungen hinweisen. Wenn nun aber PAK derart weit verbreitet sind, was sollte dann für ihren biologischen Ursprung in ALH84001 sprechen? Zunächst einmal konnten Zare und seine Mitarbeiter nachweisen, daß diese Substanzen nicht nachträglich hineingelangt sind. An frischen Bruchflächen des Meteoriten fanden sie eine Mischung aus relativ wenigen PAK; solche, die als Verunreinigung durch anthropogene Emissionen zu erwarten wären, befinden sich nicht darunter. Zudem nehmen die Konzentrationen der PAK im Meteoriten von außen nach innen zu, und sie sind insgesamt mehr als tausendfach höher als die, die in Schnee- und Eisproben der Antarktis als Folge der industriellen Verschmutzung anzutreffen sind. Des weiteren sind die Konzentrationen gerade in der Umgebung der Carbonat-Ablagerungen am höchsten; und genau dies weise den Forschern zufolge darauf hin, daß die PAK Produkte einer Fossilbildung seien. Ebenfalls in unmittelbarer Nähe der Carbonat-Kügelchen und der mutmaßlichen Fossilien fanden die Wissenschaftler Eisensulfide und Magnetit (ein Eisenoxid mit ferrimagnetischen Eigenschaften). Solche Substanzen können von anaeroben Bakterien und anderen Mikroorganismen auf der Erde erzeugt werden (Spektrum der Wissenschaft, Februar 1982, Seite 38); tatsächlich entdeckten die Forscher in den Carbonat-Ablagerungen winzige Magnetit-Kristalle, die nahezu identisch sind mit den Fossilien von irdischen magnetischen Bakterien. Selbstverständlich könnten Eisensulfide und Magnetit-Kristalle auch auf anorganischem Wege entstanden sein – wie überhaupt jeder der erwähnten Befunde sich ohne Zutun biologischer Aktivität erklären ließe. Doch die NASA-Wissenschaftler halten es für äußerst unwahrscheinlich, daß die Gesamtheit aller spezifischen Merkmale des Meteoriten ALH84001 allein auf chemische und mineralogische Prozesse zurückzuführen sein könnte. Hat es also auf dem Mars vor Urzeiten tatsächlich eine primitive Lebensform gegeben? Viele Fragen bleiben noch offen. Insbesondere ist noch kein schlüssiger Beweis erbracht, daß ALH84001 tatsächlich vom Mars stammt und die Strukturen, die wie Mikroben-Fossilien aussehen, wirklich welche sind. Doch die Möglichkeit, daß unter der Oberfläche unseres Nachbarplaneten einst Mikroorganismen hausten (oder gar heute noch existieren), wird gestützt durch die kürzliche Entdeckung von Mikroben im Tiefengestein der Erde, die völlig ohne Photosynthese auskommen und sich buchstäblich nur von Wasser und Stein ernähren (Spektrum der Wissenschaft, April 1996, Seite 22). Was der Erde recht ist, könnte dem Mars billig sein. Doch bevor die NASA in eine ihrer nächsten Raumsonden einen Bohrturm einpackt, sollten andere Forschergruppen die bisherigen Befunde zu bestätigen oder zu widerlegen suchen.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1996, Seite 112
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