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Mikrostrukturierung von Glas


Sensoren, Aktoren, Implantate und Reaktionsgefäße mit Abmessungen von oft nur einigen Milli- oder gar Mikrometern (tausendstel Millimetern) sind Geräte und Komponenten der Mikrosystemtechnik. Damit sollen technische Prozesse im Miniaturmaßstab realisiert werden, etwa um sie präziser oder effektiver einzusetzen, neue Wirkungen zu erreichen oder biologische Prozesse nachzubilden.

Quasi den Anfang dieser neuen Technologie markierte eine Mikrozentrifuge, die Wolfgang Menz und Wolfgang Ehrfeld in den achtziger Jahren am Kernforschungszentrum Karlsruhe zur Anreicherung von Uran-235 entwickelt hatten. In der Folge entstanden unter anderem Mikroturbinen mit Rotordurchmessern von 260 Mikrometern, deren Umdrehungen mittels einer integrierten Glaslichtleit-faser zählbar sind, wenige Millimeter lange linear, also eindimensional arbeitende Antriebe, Beschleunigungssensoren von einem Zentimeter Kantenlänge, Infrarotfilter mit Strukturgrößen von etwa zehn Mikrometern und implantierbare Mikropumpen, die wenige millionstel Liter zu dosieren vermögen.

Es lag nahe, zu ihrer Herstellung die bewährten Verfahren der Mikroelektronik zu nutzen, und demzufolge ist Silicium das dominierende Material in diesem noch jungen Forschungsfeld (siehe auch Spektrum der Wissenschaft, Dossier 4: Mikrosystemtechnik, 1996). In der Ebene lassen sich kristalline Rohlinge aus diesem Element mit höchster Präzision, doch in der Tiefe nur schlecht bearbeiten. Die dreidimensionale Mikrostruktur ist aber für viele Anwendungen bestimmend. Manche erfordern auch mehr chemische Stabilität, Transparenz im sichtbaren Spektralbereich und elektrische Isolationsfähigkeit, als Silicium bietet.

Eine Lösung ist Glas. Dieser Werkstoff besteht aus einem stabilen, geometrisch unregelmäßigen Siliciumdioxid-Netzwerk, das in seinen Eigenschaften beispielsweise durch Alkali- und Erdalkalioxide modifiziert wird. Nur selten kann man aber handelsübliche Massengläser in der Mikrosystemtechnik verwenden. Vielmehr benötigt man Spezialgläser, die sich zum einen hochgenau strukturieren, zum anderen mit Silicium und anderen Werkstoffen kombinieren lassen, ohne daß mechanische Spannungen etwa aufgrund unterschiedlicher Ausdehnung bei Wärme entstünden.

Mikrostrukturierung mit traditionellen Methoden

Aus der Optik stammen Feinbearbeitungstechniken für Glas wie Schleifen und Läppen sowie mechanisches, thermisches und chemisches Polieren. Insbesondere mit sehr feinen Diamantspitzen lassen sich des weiteren wenige Mikrometer tiefe Gräben einritzen. Drückt man ein solches Werkzeug auf das Glas, bilden sich Risse aus. Solche senkrecht zur Oberfläche nutzt man zum Trennen der Wafer in Chips (in Anlehnung an die Scheiben aus Silicium-Einkristallen spricht man bei diesen Anwendungen auch von Glaswafern); oberflächenparallel verlaufende Risse ermöglichen den Abtrag von Material und damit die mechanische Mikrostrukturierung, radiale hingegen schädigen das Werkstück.

Auch wenn Gläser im allgemeinen chemisch beständig sind, kann man sie doch mit Flußsäure strukturieren: Deren Wasserstoff-Ion greift die im Glas enthaltenen Alkali- und Erdalkali-Kationen an, und das Fluor-Ion vermag auch den Sauerstoff aufgrund seiner vergleichbaren Größe aus dem Netzwerk zu verdrängen. Als einfach negativ geladenes Ion hinterläßt es Trennstellen, und das Netzwerk löst sich auf. Masken auf der Glasoberfläche richten den Angriff der Flußsäure auf nicht bedeckte Stellen. Weil aber Bestandteile solcher Beschichtungssubstanzen ebenfalls angegriffen werden und die Chemikalie auch unter die Maske gelangen kann, ist der Aufwand für präzises Arbeiten beträchtlich und die Reproduzierbarkeit der jeweiligen Form eingeschränkt. Durch Kombination von Diamant- und Flußsäurebearbeitung erreicht man aber wenige Mikrometer breite und tiefe Gräben.

Auch mit Kohlendioxid-Lasern läßt sich Glas bearbeiten. Durch den hohen Energieeintrag erwärmt es sich aber, und je nach thermischer Ausdehnung können Mikrospannungen und -risse auftreten. Der Einsatz von Festkörper- oder Excimerlasern steht hier noch am Anfang der Entwicklung.

Schließlich kann man die – wenn auch geringe – Ionenleitfähigkeit einiger Gläser zum Bohren nutzen. Ist ihr Netzwerk durch Alkali- und Erdalkali-Kationen mehr oder weniger aufgelockert, legt man über eine Nadel und einen wäßrigen Elektrolyten ein elektrisches Gleichspannungsfeld an die Glasoberfläche an. Dann wandern die Ionen, und das Material an der Nadel löst sich auf. Mit diesem elektrochemischen Verfahren lassen sich Löcher bis etwa 50 Mikrometer Durchmesser bohren.


Das Photoform-Verfahren

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg fand Stanley Donald Stookey bei den amerikanischen Corning-Glaswerken, daß in Spezialgläsern mit zugesetzten Elektronendonatoren und -akzeptoren nach der Bestrahlung mit ultraviolettem Licht und einer anschließenden Wärmebehandlung Lithiummetasilicat-Kristalle wachsen, die sich in Flußsäure besser lösen als das nicht kristallisierte, also glasige Ausgangsmaterial. Belichtet man punktuell durch Masken, lassen sich so winzige Hohlräume erzeugen. In den sechziger und siebziger Jahren legten A. I. Bereznoj und N. M. Pawluschkin an der Mendelejew-Universität in Moskau weitere Grundlagen des heutigen Photoform-Verfahrens. Sie beschäftigten sich mit der Rolle verschiedener Elektronendonator/-akzeptor-Paarungen und der Wirkungsweise von Schutzkolloiden.

Eine erste Anwendung versuchte Wilhelm Hinz von der Akademie der Wissenschaften der DDR in Ostberlin, ebenfalls in den sechziger Jahren. Ihm gelang es, in weniger als 0,1 Millimeter dicke Folien aus photosensiblem Glas mehr als 10000 Löcher pro Quadratzentimeter von zehn Mikrometern Durchmesser einzubringen. Auf diese Weise wollte er Lochmasken und später Schlitzmasken für Fernseher herstellen, doch konnten sich die Prototypen gegen flexiblere aus Stahl nicht durchsetzen. Schließlich brachten die Schott Glaswerke in Mainz 1975 das mikrostrukturierbare Glas "Foturan" auf den Markt, das bald im Kopf von Tintenstrahldruckern verwendet wurde. Einen wirklichen Durchbruch dürfte das Photoform-Verfahren aber erst mit der künftigen Entwicklung der Mikrosystemtechnik schaffen.

Voraussetzung der Photostrukturierung sind spezielle mehrwertige Kationen, die sich durch ultraviolette Strahlung definierter Wellenlänge zur Abgabe von Elektronen anregen lassen. Gleichzeitig müssen auch Kationen vorhanden sein, welche die Elektronen wieder aufnehmen (der Chemiker spricht dann von Oxidation beziehungsweise Reduktion). Liegen beispielsweise in einem unter leicht reduzierenden Bedingungen erschmolzenen Glas, das vorzugsweise aus Lithium-, Aluminium- und Siliciumoxid besteht, Cer- und Silber-Ionen nebeneinander vor, und bestrahlt man das Glas mit ultraviolettem Licht im Wellenlängenbereich zwischen 305 und 325 Nanometern (millionstel Millimetern), dann gibt das dreifach positiv geladene Cer ein Photoelektron ab. Das Silber-Ion fängt es ein und geht in den ungeladenen, atomaren Zustand über.

Die Silber-Atome können bei Erwärmung im Material wandern und sich zu wenige Nanometer großen Clustern – sogenannten Heterokeimen – zusammenfinden, insbesondere wenn bereits Mikroentmischungen vorhanden waren, in denen sich Silber bevorzugt ansammelt. Bei weiterem Erwärmen wachsen auf der Keimoberfläche Lithiummetasilicat-Kristalle mit der erwünschten guten chemischen Löslichkeit auf.

Gegenwärtig nutzt man nur Spezialgläser der angegebenen Zusammensetzung (Li2O-Al2O3-SiO2). Dabei kann man Li2O, um die Kristallisation besser zu steuern, teilweise durch andere Alkalioxide wie die von Natrium und Kalium ersetzen und Dotanden wie Antimon-, Zinn- und Zinkoxid oder andere zufügen. Letztere sollen beispielsweise eine ungewollte, rein thermisch bedingte Kristallisation verhindern, die chemische Beständigkeit des Glases verbessern und die Größe der Mikroentmischungen beeinflussen.

Je homogener das Ausgangsglas ist, desto feiner und besser reproduzierbar läßt es sich bearbeiten. Unterschiedlich große Mikroentmischungen, lokal verschiedene Konzentrationen und Oxidationszustände der mehrwertigen Kationen oder gar Blasen in der Größenordnung der gewünschten Strukturen mindern die Genauigkeit beträchtlich.

Zu beachten ist, daß für die Optiken der Belichtungsgeräte und für die Maskenträger nur Quarzglas, also solches aus reinem Siliciumdioxid, für ultraviolettes Licht der genannten Wellenlänge transparent genug ist. Nach Austausch der optischen Systeme kann man dann aber Justier- und Belichtungseinrichtungen aus der Silicium-Chip-Fertigung verwenden. Ferner werden auch Excimerlaser eingesetzt (als Excimere bezeichnet man Moleküle, die nur in elektronisch angeregten Zuständen existieren; meist handelt es sich um zweiatomige Systeme wie Edelgas-Halogen-Verbindungen, etwa Xenonchlorid). Weil sie sich gut fokussieren lassen, kann man auf Masken verzichten und spezielle Strukturen direkt in das Glas schreiben. Auch hier schließen sich Wärme- und Flußsäurebehandlung an; die drei Schritte sind dem Belichten, Entwickeln und Fixieren in der Photographie durchaus vergleichbar.

In maximal drei Millimetern Tiefe ist die Strahlung weitgehend absorbiert, so daß diese Glasdicke die Grenze des Verfahrens markiert. Interferenzen am Maskenrand und Strahldivergenzen beziehungsweise -konvergenzen in der Probe beeinflussen zudem die Geometrie der Vertiefungen oder Löcher. Dünne Glaswafer von nur 0,4 bis 0,8 Millimeter Dicke kann man weitgehend unabhängig von dem gewünschten Verhältnis von Höhe und Durchmesser strukturieren; darin sind Lochdurchmesser bis hinab zu 20 Mikrometern zu erzielen. Bei dickeren gilt stark verallgemeinert, daß nur relativ großformatige Öffnungen in der Maske auch eine gute Tiefenstrukturierung erlauben.

Je nach Anwendung ist auch die Form einer Bohrung – exakt zylindrisch oder definiert konisch – von Bedeutung. Da sich die nicht kristallisierten Partien des Ausgangsglases ebenfalls geringfügig in Flußsäure lösen, gelingen zylindrische Bohrungen nicht ohne zusätzliche Maßnahmen. Konische Vertiefungen etwa für Ventilsitze erzielten wir einerseits durch Einstellen der chemischen Beständigkeit des Glases, andererseits durch gezielten Ätzabbruch oder unterschiedlich transparente Masken (Bild 1). Mithin können derart verfertigte Glasbauteile für die Mikrofluidik – Prozesse, in denen minimale Gas- oder Flüssigkeitsmengen zu bewegen sind – bereitgestellt werden.


Mini- und Mikroaktoren

Werkstoffe für Mikroaktoren müssen exakt reproduzierbare mechanische Eigenschaften haben und dürfen nicht ermüden, damit sie über lange Zeit präzise funktionieren. Mit der Photoform-Technik stellten wir winzige Federn aus Glas her, die sich proportional zur Belastung und reversibel verformen (Bild 2 unten links). Überraschend war allerdings, wie weit man sie je nach Federgeometrie auslenken kann, ohne daß sie brechen – nicht weniger als solche aus dem typisch elastischen Werkstoff Stahl. Erste dynamische Tests lassen erwarten, daß Glas sich beispielsweise für Mikropumpen mit gleichfalls gläsernen Membranen eignet, für Mikrogreifer, die in chemisch belastetem Milieu arbeiten (Bild 2 oben), oder dank der exakt umkehrbaren Auslenkung für Mittelohrknöchelchen-Implantate (Bild 2 unten rechts).

Wenige Millimeter kleine elektromagnetische Antriebe hatte Henry W. Guckel von der Universität von Wisconsin in Madison mit der LIGA-Technologie 1995 gefertigt (LIGA steht für Lithographie, Galvanoformung und Abformung; siehe auch Spektrum der Wissenschaft, Februar 1994, Seite 92). Weil er aber zu jener Zeit noch die üblichen Herstellungsmethoden für große gewickelte Kupferspulen auf den Mikrobereich zu übertragen suchte, waren die Miniaturisierung und die Leistungsdichte recht begrenzt. Hingegen entwickelten wir zusammen mit dem Fachgebiet Antriebstechnik in Ilmenau ebene Spulenstrukturen in Glaswafern (Bild 3 oben), die galvanisch mit Kupfer gefüllt wurden. Zum einen fixiert das Glas das abgeschiedene Kupfer in den Spulenräumen, während Kupferwicklungen aus feinstem Draht sich verformen können, zum anderen ersetzt es auch den wärmeempfindlicheren Lack, der bei makroskopischen Spulen die Windungen gegeneinander elektrisch isoliert. Weil die Kupferwindungen so dick sind, wie der Glaswafer hoch ist, also stärker als in Druck- oder Wickeltechnik hergestellte, erhöht eine solche Baugruppe zudem die spezifische elektrische Belastbarkeit des Mikroantriebs deutlich. Mit diesen Komponenten haben wir zunächst Linearantriebe gebaut: Ein Magnet, in einem ebenfalls im Glas geschaffenen Hohlraum positioniert, wird bei Stromfluß in einer Spule angezogen und lenkt seinerseits eine Feder aus (Bild 3 unten).


Variation der thermischen Ausdehnung

Doch ist es mit dem Strukturieren allein nicht getan, denn die Glaskomponenten müssen sich mit solchen aus anderen Werkstoffen, insbesondere aus Silicium, Kupfer oder magnetischen Werkstoffen, spannungsfrei kombinieren lassen. Manchmal hilft die hohe Duktilität des Kupfers, die thermische Dehnung des Glases auszugleichen. Das ist freilich nicht immer möglich. Die gegenwärtig kommerziell verfügbaren Gläser nehmen je Grad Kelvin um 9 bis 10 Millionstel ihres Ausgangsvolumens zu; der entsprechende Koeffizient von Kupfer ist 16,7, der von Silicium 3,4 und der von Galliumarsenid etwa 7.

Um beispielsweise den Wert von photostrukturierbaren Gläsern des Typs Li2O-Al2O3-SiO2 zu erhöhen, kann man die relativ starke thermische Dehnung der Lithiummetasilicat-Kristalle nutzen und die gesamte Baugruppe nach der Mikrostrukturierung durch Tempern in eine Glaskeramik umwandeln. Weil sich deren Ausdehnungskoeffizient additiv aus dem der kristallenen und jenem der amorphen Phase zusammensetzt, lassen sich 11 Millionstel pro Kelvin erreichen; allerdings ist der Werkstoff dann nicht mehr transparent.

Des weiteren kann man den Netzwerkbildner Siliciumdioxid durch Alkalioxide ersetzen. Sie lockern nämlich die Glasstruktur auf und steigern so die Beweglichkeit von Ionen mit steigender Temperatur; damit erhöht sich auch der thermische Ausdehnungskoeffizient. Aufgrund des großen Alkalioxid-Anteils kristallisieren diese Gläser aber allein schon bei Erwärmung und sind eigentlich nicht mehr photosensibel. Indem wir den Anteil in bestimmten Grenzen hielten, gewannen wir im Labor doch noch photostrukturierbare Gläser mit thermischen Ausdehnungskoeffizienten bis 13 Millionstel pro Kelvin, die mithin weitgehend kompatibel zu Nickel sind.

Auch niedrigere Werte als gewöhnlich sind einstellbar. Dazu muß die Zusammensetzung des Ausgangsglases so verändert werden, daß sich außer dem für die Mikrostrukturierung erforderlichen Lithiummetasilicat auch Lithiumalumosilicat-Kristalle mit verschwindend geringer thermischer Dehnung bilden. Dann schließt sich an die Strukturierung gleichfalls ein Tempern an, also die Umwandlung in eine Glaskeramik. So sind Werte bis vier Millionstel pro Kelvin zu erreichen. Das entspricht zwar fast dem Wert von Silicium, reicht jedoch noch nicht für spannungsfreies Fügen aus.


Silicumkompatibles mikrostrukturierbares Glas

Dafür eignet sich traditionell vor allem Glas aus der sogenannten Pyrex-Familie (Na2O-B2O3-SiO2), das ursprünglich vor allem für Laborzwecke wegen seiner Unempfindlichkeit gegen Temperaturwechsel und seiner chemischen Beständigkeit genutzt wurde. Zufällig entspricht die thermische Dehnung weitgehend der von Silicium, und es läßt sich auch durch anodisches Bonden damit verbinden: Denn die Ionenleitfähigkeit des Glases nimmt mit der Temperatur zu und ist bei etwa 400 Grad Celsius so hoch, daß unter einer Gleichspannung von etwa 1000 Volt Natrium-Ionen zur Kathode wandern; dadurch bildet sich zwischen den beiden Wafern eine Siliciumdioxid-Verbindungsschicht.

Kommerzielle Pyrex-Gläser mit geringfügig variierender Zusammensetzung eignen sich deshalb zur elektrischen Isolation und vakuumdichten Kapselung kapazitiver Beschleunigungssensoren. Allerdings sind für das anodische Bonden recht hohe Temperaturen erforderlich, und die thermische Dehnung ist auch in diesem Falle nur einigermaßen zu Silicium kompatibel; zudem sind das Photoform-Verfahren wie auch andere Techniken zur Mikrostrukturierung nicht anwendbar.

Um die Ionenleitfähigkeit zu erhöhen, haben wir das Natrium- durch Lithiumoxid ersetzt. Das Lithium-Ion hat einen kleineren Radius als das Natrium-Ion; es ist deshalb beweglicher. Dadurch ließ sich die Bondtemperatur auf 250 Grad Celsius senken. Den thermischen Ausdehnungskoeffizienten paßten wir dem von Silicium exakt an, indem wir die beiden Alkali-Ionen nicht im Verhältnis 1:1 tauschten, sondern den Gehalt an Lithiumoxid etwas zu Lasten dessen an Siliciumdioxid erhöhten.

Dieses Glas bearbeiteten wir mit einem Neodym-YAG-Laser. Er emittiert infrarote Strahlung, die Gläser zwar normalerweise passiert; aber eine Zugabe von Eisen- und Titan-Ionen macht das von uns entwickelte Material in dem interessanten Wellenlängenbereich weniger transparent – immerhin etwa 40 Prozent des Lichts werden absorbiert. Diese Energie dient dann über die Schritte Erwärmen, Schmelzen und Verdampfen der Strukturierung. Eine vergleichsweise geringe Laserleistung reicht aus, um 30 bis 90 Mikrometer weite Löcher in etwa ein Millimeter dicke Scheiben zu bohren (Bild 4).

Somit stehen immer mehr Techniken und Gläser zur Verfügung, um mit unterschiedlichen Materialien präzise Mikrosysteme zu bilden. Davon sind erst einige wenige kommerziell erhältlich und für Massenanwendungen geeignet, doch weitere werden sich auf die jeweiligen Anforderungen optimal einstellen lassen.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1997, Seite 112
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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