Bildgebung: Mit Durchblick zur Erkenntnis
Im 16. Jahrhundert setzte der flämische Chirurg Andreas Vesalius mit bahnbrechenden anatomischen Zeichnungen neue Maßstäbe in der medizinischen Bildgebung. In den fünf Jahrhunderten, die seither vergangen sind, hat es zahlreiche Innovationen auf dem Gebiet gegeben. Doch noch immer ist es Medizinern weitgehend verwehrt, in das Innere von intakten Organen zu blicken und die dortigen Strukturen bis auf die Ebene einzelner Zellen hinunter zu analysieren. Damit könnten Ärzte beispielsweise Krebsmetastasen beobachten, die sich von einem Tumor lösen, oder Aneurysmen (Blutgefäßerweiterungen) und andere Veränderungen erkennen, die Gesundheitsrisiken bergen. Forscher könnten damit den Aufbau des Gehirns studieren oder das feine Geflecht der Nieren detailliert abbilden. Solche Informationen machen es eines Tages vielleicht sogar möglich, Ersatzorgane anhand genauer »Baupläne« zu züchten. Aber bis vor Kurzem gab es die erforderlichen Bildgebungstechniken nicht.
Selbst die fantastischen Abbildungen der heutigen Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT) ergeben »nur« eine Auflösung im Millimeterbereich. Dieser Detailgrad ist zwar eindrucksvoll und erlaubt es, zahlreiche Krankheiten zu diagnostizieren oder etwa den Blutfluss durch die Hirngefäße zu beobachten. Doch um zelluläre Strukturen des Organismus zu kartieren, ist er viel zu grob. Letzteres erfordert eine Auflösung im Bereich von Mikrometern (millionstel Metern).
Um Körperorgane derart fein zu untersuchen, nutzen Wissenschaftler oft traditionelle histologische Gewebeschnitte. Dabei zerteilen sie das jeweilige Organ in mikrometerdünne Scheiben und färben diese mit speziellen Substanzen an, um bestimmte Gewebestrukturen hervorzuheben. Anschließend lichten sie jeden Schnitt einzeln ab, wobei sie tausende Bilder erhalten, die sie am Computer zusammensetzen, um die Gesamtstruktur des Organs zu rekonstruieren. Im Jahr 2013 beispielsweise veröffentlichten Katrin Amunts und ihre Kollegen vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin in Jülich ein hochauflösendes dreidimensionales Modell des menschlichen Gehirns namens »BigBrain«. Die Forscher hatten dafür über mehrere Jahre hinweg 7404 Schnitte des Gehirns eines zuvor verstorbenen 65-Jährigen zusammengefügt. So etwas erfordert einen enormen Arbeitsaufwand und liefert beeindruckende Ergebnisse, die aber trotzdem alles andere als ideal sind. Denn das Zerschneiden des Organs verändert und beschädigt das Gewebe, und einzelne Schnitte können dabei verloren gehen …
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