Springers Einwürfe: Muss Verhütung Frauensache bleiben?
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierte sich die Antibabypille in den Industrienationen als das häufigste Mittel zur Empfängnisverhütung. Die dadurch enorm erleichterte Trennung von Liebesakt und Schwangerschaft wurde weithin – das heißt außerhalb des kirchlichen Einflussbereichs – als sexuelle Befreiung begrüßt. Die medikamentöse Verhütungspraxis besitzt allerdings bis heute eine folgenreiche Schlagseite: Sie ist reine Frauensache. Nur der weibliche Körper wird dauerhaft mit Hormonpräparaten traktiert, die nicht ganz ohne physische und emotionale Nebenwirkungen sind.
Bisher sind andere Verhütungsmethoden, die eine Beteiligung des männlichen Partners erfordern, aufwändiger oder weniger sicher – oder schlicht unter Männern unbeliebt. Die Sterilisierung durch operatives Durchtrennen der Samenleiter lässt sich nicht ohne Weiteres rückgängig machen. Der Gebrauch eines Kondoms wiederum erfordert ein wenig Übung und Geduld; die Furcht, dabei die Erektion zu verlieren, wird gern mit dem Stammtischwitz kaschiert, man habe eine Latexallergie.
Dabei macht die Einseitigkeit der gängigen Verhütungspraxis nicht nur jede einzelne Familienplanung zu einem mehr oder weniger unfairen Akt, sondern beeinflusst sogar die Entwicklung der gesamten Menschheit. Wie Julio Castaneda und Martin M. Matzuk vom Baylor College of Medicine in Houston (Texas) betonen, hat sich die Weltbevölkerung trotz Pille von 1960 bis heute mehr als verdoppelt – mit entsprechenden Folgen wie Ressourcenknappheit und Umweltbelastung –, und daran haben ungewollte Schwangerschaften einen erheblichen Anteil. Ein männliches Verhütungsmedikament würde diesen Trend bremsen und somit eine nachhaltige Entwicklung künftiger Generationen fördern. ...
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen