Medizin: Mutiertes Poliovirus durchbricht Impfschutz
Die Kinderlähmung ist fast ausgerottet, pro Jahr erkranken weltweit nur noch einige hundert Menschen. Vorsicht bleibt aber geboten, wie ein internationales Forscherteam berichtet. Die Wissenschaftler haben rückblickend ein mutiertes Poliovirus identifiziert, gegen das der übliche Impfschutz nicht wirkt. Es hatte im Jahr 2010 einen schweren Ausbruch im Kongo verursacht und mehrere hundert Menschen angesteckt.
Der Epidemie erlagen damals fast 50 Prozent aller Infizierten, ein ungewöhnlich hoher Anteil. Zudem hatten sich viele Menschen angesteckt, obwohl sie geimpft waren. Die Forscher um Christian Drosten von der Universität Bonn konnten jetzt den Erreger isolieren, auf den der Ausbruch von 2010 zurückging. Analysen ergaben, dass er mutiert ist. Dies führt zu einer Veränderung der Zielstruktur, an die normalerweise jene Antikörper andocken, die der Körper nach der Polioimpfung herstellt. Darum schützt die Impfung nicht mehr. Weitere Tests ergaben, dass das mutierte Virus auch in Mitteleuropa gefährlich geworden wäre. Das Immunsystem von 34 deutschen Medizinstudenten, die über Impfschutz verfügten und freiwillig Blutproben abgaben, zeigte sich anfällig gegenüber dem veränderten Erreger.
Nach dem Willen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) soll die Kinderlähmung in den kommenden Jahren ausgerottet werden, wie zuvor schon die Pocken. Das kann gelingen, weil das Poliovirus nur von Mensch zu Mensch springt und keine tierischen Zwischenwirte hat. Bislang herrschte die Ansicht vor, die Polioimpfstoffe wirkten sehr gut. Eine mutierte Erregervariante, die den Impfschutz durchbricht, würde den Kampf gegen die Kinderlähmung erheblich erschweren.
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