Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Nährstoffe: Brainfood auf dem Prüfstand

Omega-3-Fettsäuren, Pflanzenfarbstoffe und B-Vitamine sollen das Gehirn leistungsfähig halten. Tun sie das wirklich? Ein Überblick zur aktuellen Studienlage.
Gesundes Gemüse und Obst

Im Juni 1976 bekamen rund 170 000 Krankenschwestern in den USA Post aus der altehr­würdigen Ostküstenmetropole Boston. »Unsere Forschungsgruppe an der Harvard Medical School führt eine Studie zu einer bedeutenden Angelegenheit der öffentlichen Gesundheit durch – ob es langfristige Gesundheitseffekte verschiedener Formen der Empfängnisverhütung gibt«, hieß es in dem Brief. Dem Anschreiben lag ein zweiseitiges Formular mit einer Liste von Fragen bei: zu früheren und aktuellen Erkrankungen der Frauen, zu ihrem ­Zigarettenkonsum, dazu, ob sie sich die Haare färbten (und falls ja: wie oft), und natürlich zu den Methoden, die sie nutzten, um nicht ungewollt schwanger zu werden. Mehr als 120 000 von ihnen füllten die Bogen aus und sandten sie zurück.

Das war der erfolgreiche Auftakt zu einem Langzeitprojekt, das bis heute fortbesteht: der »Nurses’ Health Study«. Alle zwei Jahre bekommen die Teilnehmerinnen einen neuen Fragebogen zugeschickt. Die gesundheitlichen Folgen der Pille stehen gegenwärtig nicht mehr im Fokus. Stattdessen suchen die Fachleute all­gemein nach Faktoren, die bei Frauen das Risiko von schweren Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Alzheimer erhöhen – oder die umgekehrt dafür sorgen, dass sie körperlich und geistig fit bleiben. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Ernährung. So machen die Befragten seit 1980 auch detaillierte Angaben zu ihren Essgewohnheiten.

Elizabeth Devore von der Harvard Medical School wertete diese Daten 2012 zusammen mit Kolleginnen aus. Anlass waren Hinweise darauf, dass bestimmte Pflanzenfarbstoffe aus der Gruppe der Flavonoide den kognitiven Verfall bremsen können. Sie kommen unter anderem in Blau- und Erdbeeren in großen Mengen vor. Devore suchte nun in den Daten Belege dafür, dass die Substanzen wirklich geistig fit halten. Ein Teil der Krankenschwestern hatte sich um die Jahrtausendwende wiederholt einer Batterie von Hirnleistungstests unterzogen. Die Messungen erstreckten sich über einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren. Sie dokumentieren, wie sehr sich die geistigen Fähigkeiten der Frauen währenddessen veränderten.

Devore glich diese Ergebnisse nun mit den Essgewohnheiten ab. Dabei stieß sie auf einen auffälligen Zusammenhang: Krankenschwestern, die seit den 1980er Jahren ein- bis zweimal pro Woche eine halbe Tasse Beeren verzehrt hatten ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Mehrere Higgs-Teilchen vor dem Aus?

2012 wurde der Nachweis des Higgs-Teilchens vom CERN bekannt gegeben, seitdem wird fleißig weiter geforscht. Warum gibt es mehr Materie als Antimaterie? Was ist Dunkle Materie? Diese und weitere Fragen behandeln wir in unserer Titelgeschichte. Außerdem: Die seelische Gesundheit unserer Kinder.

Gehirn&Geist – Faszination Gehirn: 38 Infografiken über unser Denken, Fühlen und Handeln

Weil Sprache allein nicht immer das beste Kommunikationsmittel ist, werden seit 2013 ausgewählte Inhalte auf eine andere Art präsentiert: in Infografiken. Denn manches lässt sich in Bildern so viel einfacher darstellen als mit Worten. In dieser Spezialausgabe von »Gehirn&Geist« präsentieren wir ein »Best-of« unserer Infografiken zu Psychologie, Hirnforschung und Medizin. Wie funktioniert unser Orientierungssinn? Was haben Darmbakterien mit der Psyche zu tun? Was macht eine angenehme Unterhaltung aus? Wie wirkt Alkohol im Gehirn? Und warum lassen wir uns im Supermarkt so leicht zu Spontankäufen animieren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen finden Sie in dieser Spezialausgabe von »Gehirn&Geist«. Jede der 38 Grafiken im Heft widmet sich einem eigenen Thema.

Spektrum - Die Woche – Wann klingt eine Sprache schön?

Klingt Italienisch wirklich schöner als Deutsch? Sprachen haben für viele Ohren einen unterschiedlichen Klang, dabei gibt es kein wissenschaftliches Maß dafür. Was bedingt also die Schönheit einer Sprache? Außerdem in der aktuellen »Woche«: Rarer Fund aus frühkeltischer Zeit in Baden-Württemberg.

  • Quellen

Andres-Lacueva, C. et al.: Anthocyanins in aged blueberry-fed rats are found centrally and may enhance memory. Nutritional Neuroscience 8, 2005

Cheatham, C. L. et al.: Six-month intervention with wild blueberries improved speed of processing in mild cognitive decline: a double-blind, placebo-controlled, randomized clinical trial., Nutritional Neuroscience 26, 2022

Devore, E. E. et al.: Dietary intakes of berries and flavonoids in relation to cognitive decline. Annals of Neurology 72, 2012

Eker, M. E. et al.: A review of factors affecting anthocyanin bioavailability: Possible implications for the inter-individual variability. Foods 9, 2020

de Jager, C. A. et al.: Cognitive and clinical outcomes of homocysteine-lowering B-vitamin treatment in mild cognitive impairment: a randomized controlled trial. International Journal Geriatric Psychiatry 27, 2012

Lopresti, A. L. et al.: Effects of a polyphenol-rich grape and blueberry extract (Memophenol™) on cognitive function in older adults with mild cognitive impairment: A randomized, double-blind, placebo-controlled study. Frontiers in Psychology 14, 2023

Mattioli, R. et al.: A comprehensive review of their chemical properties and health effects on cardiovascular and neurodegenerative diseases. Molecules 25, 2020

Moore, K. et al.: Diet, nutrition and the ageing brain: current evidence and new directions. Proceedings of the Nutrition Society 77, 2018

Morris, M. C. et al.: MIND diet slows cognitive decline with aging. Alzheimer's & Dementia 11, 2015

Patil, C. S. et al.: Protective effect of flavonoids against aging- and lipopolysaccharide-induced cognitive impairment in mice. Pharmacology 69, 2003

Rayman, M. P.: Selenium and human health. Lancet 379, 2012

Smith, A. D. et al. Homocysteine-lowering by B vitamins slows the rate of accelerated brain atrophy in mild cognitive impairment: A randomized controlled trial. PLoS ONE 5, 2010

Stoffaneller, R., Morse, N. L.: A review of dietary selenium intake and selenium status in Europe and the Middle East. Nutrients 7, 2015

Tanaka, K. et al.: Effects of docosahexaenoic acid on neurotransmission. Biomolecules and Therapeutics (Seoul) 20, 2012

Yeung, L. K. et al.: Multivitamin supplementation improves memory in older adults: A randomized clinical trial. The American Journal of Clinical Nutrition 118, 2023

Witte, A. V. et al.: Long-chain Omega-3 fatty acids improve brain function and structure in older adults. Cerebral Cortex 24, 2014

van der Wurff, I. S.M. et al.: Effect of Omega-3 long chain polyunsaturated fatty acids (n-3 LCPUFA) supplementation on cognition in children and adolescents: A systematic literature review with a focus on n-3 LCPUFA blood values and dose of DHA and EPA. Nutrients 12, 2020

Zhang, J. et al.: Neuroprotective effects of anthocyanins and its major component cyanidin-3-O-glucoside (C3G) in the central nervous system: An outlined review. European Journal of Pharmacology 858, 2019

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.