Winters' Nachschlag: Nicht ohne meinen Rohmilchkäse!
Billig einkaufen kann einen teuer zu stehen kommen.
Da Erfolgsmenschen wie ich ständig neue Herausforderungen brauchen und 2009 bekanntlich ein wirtschaftlich schwaches Jahr werden soll, nahm ich am Neujahrstag einen besonders schweren Brocken als guten Vorsatz ins Visier: Ich würde mir meine Vorliebe für Cafébesuche, Feinkost und nostalgische Einzelhandelsgeschäfte abgewöhnen, stattdessen preisbewusst einkaufen und meine Haushaltskosten so um 75 Prozent verringern!
Ein klar formuliertes Ziel im Sinne des Artikels "Psychologie des Erfolgs" auf S. 34 – nun brauchte ich es nur noch in die Tat umzusetzen. "Sogar am Namen wird hier geknausert!", dachte ich beim Betreten des Billigmarkts. "Die brauchen nur vier Leuchtbuchstaben, das spart Strom!" Zugegeben, die kalte, nach Karton und billigem Putzmittel riechende Discounthölle schockierte mich schon ein wenig – aber hatte ich nicht in unzähligen Partygesprächen immer wieder gehört, es gäbe hier "ganz viele richtig gute Sachen"? Mit spitzen Fingern griff ich einige in grellbunte Folie eingeschweißte Artikel und legte sie in den Einkaufswagen. Hauptsache billig!
Als ich mich am Kühlregal in die erste Reihe durchgeboxt und dort enttäuschenderweise keinen Rohmilchkäse aus Tirol gefunden hatte, fiel mir auf, dass mir noch kein einziger Verkäufer begegnet war. Ich begann, mich nach meinem Käsemann zu sehnen, bei dem ich bis dato Stammkunde war. Schnell zitierte ich innerlich ein Mantra des G&G-Artikels ("Negative Gedanken führen ins Leistungstief!") und versuchte mich über einen ersten Teilerfolg zu freuen: Ich hatte zwei Tüten Milch für je 49 Cent erbeutet und damit bereits mehr als 60 Cent gegenüber meiner bisherigen bevorzugten Biomilch gespart! Als ich mich durch den Gang mit einer umgekippten Palette Billigwerkzeugkästen zur Kasse durchschlug, war mein Wagen fast voll. Und tatsächlich: Statt der erwarteten rund 150 Euro verlangte die Kassiererin – wenn auch in barschem Kasernenhofton – nur 39,20!
Das stimmte mich derart wohlgemut, dass ich beschloss, sie noch nach Rohmilchkäse aus Tirol zu fragen. Worauf die gute Frau mich ansah, als hätte ich ihr ein unfeines Angebot gemacht, und meinte, vergackeiern könne sie sich selbst. Da der Kompletteinkauf mir sicherlich Zeit gespart hatte, spazierte ich noch ein wenig durch meine übliche Einkaufsstraße. Vielleicht könnte ich dort eine Tasse Kaffee … Ach nein, die kann ich mir ja ebenso gut und viel preiswerter zu Hause bereiten.
In der Fensterscheibe des Cafés sah ich mein Spiegelbild – ein Heimatloser mit zwei hässlichen, unförmigen Plastiktüten, allein auf der Straße, während drinnen gebildete Herren und elegante Damen über die letzte Aufführung der Staatsoper fachsimpelten. Mühsam riss ich mich los, ich hatte mir schließlich ein großes Ziel gesetzt!
Der Käsemann stand wie immer vor seinem liebevoll im provencalischen Stil eingerichteten Laden und winkte mir schon von Weitem zu. "Ich habe jetzt den Tiroler da, über den wir kürzlich sprachen!", strahlte er mich an. Während ich eine ausweichende Antwort zu stammeln begann, wanderte sein Blick zu meinen Einkaufstüten. Daraufhin sah er mich mit tieftraurigen Augen an, wie ein Vater, der seinen Sohn an eine Sekte verliert, klopfte mir seufzend auf die Schulter und verschwand in seinem stimmungsvoll beleuchteten Milchprodukteparadies.
Nach Hause zurückgekehrt, nagte ich mit trotziger Verbissenheit an einem Dauerbrot mit Dosenteewurst und las den Artikel noch einmal – da sprang mir erst der entscheidende Satz ins Auge, den ich wohl beim ersten Mal überlesen hatte: Erfolge auf dem Weg zum Ziel solle man würdigen, indem man sie mit Freunden feiert! Sofort rannte ich los und ein paar Stunden später saß ich zusammen mit ein paar Kumpels bei Sasbacher Spätlese, gefüllten Steinpilzen von Luigi und angeschobenem Dreikornkrustenbrot aus der kleinen Konditorei nebenan.
Nachdem wir auf meinen ersten preiswerten Einkauf angestoßen hatten, fragte einer: "Wo ist denn eigentlich der billige Kram?", während er sich ein Stück Tiroler vom Käsemann auf der Zunge zergehen ließ. "Da hinten", murmelte ich etwas verlegen und zeigte auf die beiden Tüten neben dem Mülleimer. "Ess' ich morgen." Oder auch nicht.
Ein klar formuliertes Ziel im Sinne des Artikels "Psychologie des Erfolgs" auf S. 34 – nun brauchte ich es nur noch in die Tat umzusetzen. "Sogar am Namen wird hier geknausert!", dachte ich beim Betreten des Billigmarkts. "Die brauchen nur vier Leuchtbuchstaben, das spart Strom!" Zugegeben, die kalte, nach Karton und billigem Putzmittel riechende Discounthölle schockierte mich schon ein wenig – aber hatte ich nicht in unzähligen Partygesprächen immer wieder gehört, es gäbe hier "ganz viele richtig gute Sachen"? Mit spitzen Fingern griff ich einige in grellbunte Folie eingeschweißte Artikel und legte sie in den Einkaufswagen. Hauptsache billig!
Als ich mich am Kühlregal in die erste Reihe durchgeboxt und dort enttäuschenderweise keinen Rohmilchkäse aus Tirol gefunden hatte, fiel mir auf, dass mir noch kein einziger Verkäufer begegnet war. Ich begann, mich nach meinem Käsemann zu sehnen, bei dem ich bis dato Stammkunde war. Schnell zitierte ich innerlich ein Mantra des G&G-Artikels ("Negative Gedanken führen ins Leistungstief!") und versuchte mich über einen ersten Teilerfolg zu freuen: Ich hatte zwei Tüten Milch für je 49 Cent erbeutet und damit bereits mehr als 60 Cent gegenüber meiner bisherigen bevorzugten Biomilch gespart! Als ich mich durch den Gang mit einer umgekippten Palette Billigwerkzeugkästen zur Kasse durchschlug, war mein Wagen fast voll. Und tatsächlich: Statt der erwarteten rund 150 Euro verlangte die Kassiererin – wenn auch in barschem Kasernenhofton – nur 39,20!
Das stimmte mich derart wohlgemut, dass ich beschloss, sie noch nach Rohmilchkäse aus Tirol zu fragen. Worauf die gute Frau mich ansah, als hätte ich ihr ein unfeines Angebot gemacht, und meinte, vergackeiern könne sie sich selbst. Da der Kompletteinkauf mir sicherlich Zeit gespart hatte, spazierte ich noch ein wenig durch meine übliche Einkaufsstraße. Vielleicht könnte ich dort eine Tasse Kaffee … Ach nein, die kann ich mir ja ebenso gut und viel preiswerter zu Hause bereiten.
In der Fensterscheibe des Cafés sah ich mein Spiegelbild – ein Heimatloser mit zwei hässlichen, unförmigen Plastiktüten, allein auf der Straße, während drinnen gebildete Herren und elegante Damen über die letzte Aufführung der Staatsoper fachsimpelten. Mühsam riss ich mich los, ich hatte mir schließlich ein großes Ziel gesetzt!
Der Käsemann stand wie immer vor seinem liebevoll im provencalischen Stil eingerichteten Laden und winkte mir schon von Weitem zu. "Ich habe jetzt den Tiroler da, über den wir kürzlich sprachen!", strahlte er mich an. Während ich eine ausweichende Antwort zu stammeln begann, wanderte sein Blick zu meinen Einkaufstüten. Daraufhin sah er mich mit tieftraurigen Augen an, wie ein Vater, der seinen Sohn an eine Sekte verliert, klopfte mir seufzend auf die Schulter und verschwand in seinem stimmungsvoll beleuchteten Milchprodukteparadies.
Nach Hause zurückgekehrt, nagte ich mit trotziger Verbissenheit an einem Dauerbrot mit Dosenteewurst und las den Artikel noch einmal – da sprang mir erst der entscheidende Satz ins Auge, den ich wohl beim ersten Mal überlesen hatte: Erfolge auf dem Weg zum Ziel solle man würdigen, indem man sie mit Freunden feiert! Sofort rannte ich los und ein paar Stunden später saß ich zusammen mit ein paar Kumpels bei Sasbacher Spätlese, gefüllten Steinpilzen von Luigi und angeschobenem Dreikornkrustenbrot aus der kleinen Konditorei nebenan.
Nachdem wir auf meinen ersten preiswerten Einkauf angestoßen hatten, fragte einer: "Wo ist denn eigentlich der billige Kram?", während er sich ein Stück Tiroler vom Käsemann auf der Zunge zergehen ließ. "Da hinten", murmelte ich etwas verlegen und zeigte auf die beiden Tüten neben dem Mülleimer. "Ess' ich morgen." Oder auch nicht.
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