Nobelpreise - finanziell betrachtet
Der Grundstein zu den Nobelpreisen ist das Testament Alfred Nobels (1833 bis 1896). Darin verfügte der Erfinder des Dynamits und Gründer des vermutlich ersten multinationalen Konzerns, nahezu sein gesamtes Vermögen solle in einen Fonds fließen, "dessen jährliche Zinsen als Preise denen zuerteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben". Die Zinsen sollten in fünf gleiche Teile geteilt werden und denen zufallen, die in den Gebieten Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und Frieden den wichtigsten Beitrag geleistet hatten. (Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften kam 1969 auf Initiative der Bank von Schweden hinzu.)
Nach langen Querelen um das Testament wurde der erste Nobelpreis 1901 verliehen (Bild). Innerhalb weniger Jahre wurde er in seinen Bereichen zur wertvollsten Auszeichnung überhaupt und übertraf damit traditionsreiche Preise, die von wissenschaftlichen Akademien oder Gesellschaften vergeben wurden.
Dazu mögen mehrere Faktoren beigetragen haben. Zum einen war er der erste wirklich internationale Preis; Nobel hatte verfügt, daß "bei den Preisverleihungen keine Rücksicht auf irgendeine Nationalitätszugehörigkeit genommen wird, so daß der Würdigste den Preis erhält, sei er Skandinavier oder nicht". Diese Regelung war ein deutliches Signal für die Ideale der Aufklärung, das inmitten einer Zeit des Nationalismus und des Chauvinismus in Europa seine Wirkung nicht verfehlte. Zum anderen bürgten das auf bestimmte Personenkreise beschränkte Vorschlagsrecht und der aufwendige Prozeß der Laureatenfindung durch hochkarätig besetzte Auswahlkomitees für einen hohen Standard.
Ein weiterer, mehr profaner Grund für das schnelle Ansehen war das beachtliche Preisgeld – 1901 entsprachen die 150000 Schwedischen Kronen pro Auszeichnung dem 16fachen Jahreseinkommen eines Professors. Heute ist der Nobelpreis mit seinen jeweils 7,5 Millionen Schwedischen Kronen (etwa 1,5 Millionen Mark) immer noch eine der höchstdotierten Auszeichnungen.
Die Nobel-Stiftung, die gewissermaßen zum Erben von Nobels Vermögen wurde, finanziert das Preisgeld sowie das Auswahlverfahren und ist verantwortlich für verschiedene gemeinsame Funktionen. Die Begutachtung selbst ist aber Sache der Nobel-Komitees und der preisverleihenden Institute.
Das Stiftungskapital gründet sich auf die Hinterlassenschaft von Alfred Nobel in Höhe von etwa 33 Millionen Schwedischen Kronen, von denen – nach Abzug einiger persönlicher Zuwendungen – 31 Millionen dem Nobelpreis-Fonds zugeführt wurden. Während seiner Laufbahn hatte Alfred Nobel ein hervorragendes Gespür für den Umgang mit Risiken entwickelt. Weil er den Kapitalisten seiner Zeit nicht traute und Aktien als zu riskant einstufte, verfügte er, daß diese verkauft und die Erlöse in "sichere Wertpapiere" investiert werden sollten. Um die Jahrhundertwende war dies identisch mit mündelsicheren Staatspfandbriefen. Damals war ein solches Investitionsverhalten sehr vernünftig. Zu Zeiten verschwindend geringer Inflationsraten und real darüberliegenden Nominalzinsen wären das Stiftungsvermögen gesichert und feste Einnahmen zu erwarten gewesen. Dementsprechend waren die Statuten der Stiftung ausgearbeitet. Doch, wie wir alle wissen, änderten sich die Umstände, und die Regierungen fingen an, ihre Ausgaben über die Inflation zu finanzieren.
In der Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg bis zu Beginn der fünfziger Jahre bewirkten die niedrigen, bisweilen negativen realen Zinsraten zusammen mit den hohen Nominalzinsen eine schrittweise Erosion des Grundkapitals und infolgedessen des Realwerts des Preises. Schließlich erhielt die Stiftung die Erlaubnis zur Änderung der Statuten und zur Investition in Aktien. Seit den fünfziger Jahren hat der Realwert wieder den Stand von 1901 (dem Jahr der ersten Preisverleihung) erreicht.
Im Jahre 1991 war der Preis mit umgerechnet etwa 1,2 Millionen Mark dotiert. Seit dieser Zeit ist die Stiftung bemüht, den Realwert des Preises durch Ausgleich der schwedischen Inflation zu halten. So liegt das Preisgeld in diesem Jahr bei etwa 1,5 Millionen Mark. Das Kapital wurde hauptsächlich in schwedische Anleihen, in Immobilien und dann erst in Aktien investiert. Seit den achtziger Jahren wurde der internationale Anteil am Portfolio stetig erhöht und beträgt momentan mehr als 50 Prozent. Mit der Diversifikation wurde das tägliche Management des Stiftungskapitals externen Finanzmanagern übergeben. Heute konzentriert sich die Stiftung auf die Verwaltung des Fondskapitals in Höhe von drei Milliarden Schwedischen Kronen und auf die Bewertung des externen Finanzmanagements.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1997, Seite 24
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