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Verhaltensökonomie: Der kleine Stups zu mehr Vernunft

Menschen handeln nicht immer zu ihrem eigenen Besten. Einige Länder schaffen für ihre Bürger deshalb Anreize, so genannte Nudges, ­damit sie sich gesünder, umweltfreundlicher oder auch ehrlicher ­verhalten. Nur ein sanfter Schubs in die richtige Richtung – oder ­versteckte Manipulation?
Der Fliegentrick

Handeln Sie immer vernünftig? Ja, schon gut, blöde Frage. Wie die meisten Menschen kaufen Sie vermutlich des Öfteren ­Einmaltüten im Supermarkt, obwohl Sie ein großes Sammelsurium wiederverwendbarer Taschen zu Hause haben. Sie nehmen lieber den Aufzug als die Treppe und ­essen gelegentlich mehr, als Ihnen guttut. Wieso eigentlich? Obwohl uns unsere Gesundheit doch am Herzen liegt und wir uns sozialverträglich verhalten wollen, lassen wir uns immer wieder von Affekt und Gewohnheit leiten – selbst dann, wenn es langfristig zu unserem Nachteil ist. Die Werbeindustrie setzt dieses Wissen seit Jahrzehn­ten ein: Gefühlsduselige Reklame und geschickte Platzierung im Laden etwa kurbeln den Absatz ungesunder oder überteuerter Produkte an.

Aber könnte dasselbe psychologische Know­how nicht auch dazu genutzt werden, um uns zu klügerem und nachhaltigerem Handeln zu bewegen? Genau das fragen sich Politiker seit einigen Jahren. Denn wenn jeder Einzelne ab und zu unvernünftig handelt, kann das in der Masse weit reichende Konsequenzen für die Gesellschaft ­haben. Es ist schlecht fürs Budget der Kranken­kassen und fürs Klima. Breit angelegte mediale Aufklärungskampagnen, etwa über den Treibhauseffekt, hatten bislang kaum erwähnenswerte Effekte, ebenso wenig wie Tipps zum Energiesparen.

Ein paar Anstöße "von oben" sollen nun helfen, dringende gesellschaftliche Probleme zu ­lösen – basierend auf Erkenntnissen aus Psy­chologie und Verhaltensökonomik. "Nudging" nennen Fachleute das (von Englisch: to nudge = schubsen, anstupsen). In der Praxis kann das eine Gebäudearchitektur sein, die zu körperlicher Bewegung motiviert, oder die psychologisch durchdachte Gestaltung eines amtlichen Schreibens. Eine gute Idee, meinen viele: Wo Aufklärung und Information allein nicht weiter­helfen, könnte eine sanfte Verhaltenssteuerung Wirkung zeigen. Gruselig, finden andere: Ist das nicht staatliche Bevormundung, ein gravieren­der Eingriff in unsere Entscheidungsfreiheit, auch, wenn es nur zu unserem Besten ist? ...

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  • Quellen

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Johnson, E. J., Goldstein, D.: Do Defaults Save Lives? In: Science 302, S. 1338-1339, 2003

Keller, C. et al.:Nudging Product Choices: The Effect of Position Change on Snack Bar Choice. In: Food Quality and Preference 41, S. 41-43, 2015

Marteau, T. M. et al.:Judging Nudging: Can Nudging Improve Population Health? In: BMJ 342, S. 263-265, 2011

Ölander, F., Thøgersen, J.:Informing versus Nudging in Environmental Policy. In: Journal of Consumer Policy 37, S. 341-356, 2014

Sanders, M., Smith, S.: A Warm Glow in the After Life? The Determinants of Charitable Bequests. CMPO Working Paper Series No. 14/326, Centre for Market and Public Organisation, University of Bristol, Bristol 2014

Whitehead, M. et al.: Nudging all over the World: Assessing the Global Impact of the Behavioural Sciences on Public Policy. Bericht des Economic and Social Research Council, Swindon (UK) 2014

Wilkinson, T. M.: Nudging and Manipulation. In: Political Studies 61, S. 341-355, 2013

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