Open-Source-Intelligence: Auf digitaler Spurensuche
Marie Colvin war für ihre unerschrockene Berichterstattung bekannt. 1999 begab sich die damals 43-jährige Journalistin nach Osttimor, als indonesische Milizen nach einem Unabhängigkeitsreferendum eine Gewaltwelle auslösten, durch die tausende Menschen starben. Anders als ihre Kolleginnen und Kollegen vor Ort weigerte sie sich, das von proindonesischen Angreifern belagerte Gelände der Vereinten Nationen zu verlassen. Durch ihren Widerstand lenkte sie die internationale Aufmerksamkeit auf die Notlage von 1500 eingekesselten Frauen und Kindern, die daraufhin gerettet wurden. Zwei Jahre später verlor Colvin auf Sri Lanka während des dort tobenden Bürgerkriegs ihr linkes Auge: Als sie das Rebellengebiet der Tamilen durchquerte, griff die Armee mit Panzerabwehrraketen an; ein Schrapnell traf ihren Kopf.
Trotz all der erschütternden Ereignisse, welche die Kriegsberichterstatterin erlebt hatte, beschrieb sie den 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg in Syrien als den schlimmsten Konflikt, dem sie je beigewohnt habe. Das Assad-Regime hatte ausländischen Journalisten zwar die Einreise verboten, doch Colvin schaffte es im Februar 2012, das Land heimlich auf einem Motorrad bis zur Stadt Homs zu durchqueren, wo damals heftige Kämpfe stattfanden. »Es ist eine Lüge, dass sie nur hinter Terroristen her sind. Die syrische Armee beschießt eine Stadt mit hungernden Zivilisten«, so die Worte in einem ihrer letzten Berichte. Kurz darauf, am 22. Februar, beschoss das Militär das provisorische Medienzentrum, in dem sich die Journalistin und andere Pressevertreter befanden. Colvin und der damals 28-jährige Fotojournalist Rémi Ochlik kamen ums Leben.
Dieses und weitere schockierende Ereignisse, wie die Entführung des britischen Journalisten James Foley im November 2012, den Anhänger des selbsternannten »Islamischen Staats« zwei Jahre später vor laufenden Kameras köpften, führten dazu, dass ausländische Medien ihre Korrespondenten aus Konfliktregionen abzogen. Man konnte deren Sicherheit nicht mehr gewähren. Das war ein herber Schlag für die unabhängige Berichterstattung. »Mein Job ist es, Zeugin zu sein«, so ein berühmtes Zitat von Colvin. Doch wer übernimmt diese Aufgabe, wenn die Lage vor Ort zu gefährlich wird? …
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