Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Emotionskontrolle: Die Nagelprobe

Zwanghaftes Nägelkauen ist oft Ausdruck von Perfektionismus: Die Betroffenen versuchen so, negative Gefühle zu mildern.
Eine Person kaut an ihren Fingernägeln.

Unwillkürlich wandert die Hand zum Mund. Im nächsten Moment versenken wir die Zähne in das Hornplättchen, knibbeln an der Haut drumherum. Wohl jeder hat schon einmal gedankenversunken an den Fingernägeln gekaut. Manche Menschen tun das nicht nur ab und zu, sondern unablässig.

Die Zahl der Betroffenen lässt sich nur schätzen, da es kaum verlässliche Daten zur Verbreitung der Onycho­phagie (von griechisch: ónyx = Nagel und phagein = fressen) gibt. Laut neueren Untersuchungen kaut wohl gut ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen regelmäßig an den Nägeln, bei Erwachsenen ist es etwa jeder Zehnte. Landläufig wird das oft mit Nervosität in Verbindung gebracht. Doch Psychologen um Sarah Roberts von der University of Quebec in Montreal kamen in einer Studie von 2015 zu dem Schluss: Nägelkauer sind weniger nervös als vielmehr perfektionistisch veranlagt. Sie empfinden schnell Langeweile, Frustration sowie Ungeduld und können diese Gefühle schlecht kompensieren.

In ihrer Untersuchung gingen die kanadischen Forscher der Frage nach, in welchen emotional beanspruchenden Situationen Menschen besonders viel an den Nägeln kauen. Sie luden 24 notorische Knabberer sowie ebenso viele "normale" Vergleichspersonen als Probanden in ihr Labor ein. Alle Teilnehmer durchliefen eine Reihe von Testszenarien, die mal Stress, mal Entspannung oder auch Frust und Langeweile auslösen sollten.

In der Stresssituation sahen die Probanden ein achtminütiges Video eines Flugzeugabsturzes. Zur Entspannung präsentierten die Forscher ihnen einen tropischen Traumstrand und baten sie, es sich bequem zu machen. Frust verursachte eine Knobelaufgabe, die angeblich einfach zu lösen war, sich aber als ziemlich knifflig erwies. Und langweilen durften sich die Teilnehmer, als sie mehrere Minuten allein in einem leeren Raum zubrachten, den der Versuchsleiter unter einem Vorwand verlassen hatte ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Putzig, aber unerwünscht

Waschbären haben sich in Europa rasant verbreitet – die einen finden sie niedlich, andere sind nur noch genervt, weil die Tiere den Müll plündern oder in den Dachboden einziehen. Dazu kommen Risiken für Gesundheit und Natur. Wie stark schaden sie der heimischen Tierwelt und uns Menschen?

Spektrum Kompakt – Gesundes Körpergewicht

Körper stehen im Fokus: Sie sind Gegenstand des Selbstbilds sowie gesellschaftlicher Erwartungen und Kern der Diskussion um Abnehmspritzen und Body Positivity. Ob die Zahl auf der Waage gesund ist, kann der BMI aber nicht beurteilen - und wie hoch sie ist, liegt nicht vollständig in unserer Macht.

Spektrum - Die Woche – Wieso der BMI in die Irre führt

  • Quellen

Arabatzoudis Teta et al.: Emotion Regulation in Individuals with and without Trichotillomania. In: Journal of Obsessive-Compulsive and Related Disorders, 12, S. 87-94, 2017

Moritz, S. et al.: A Randomized Controlled Trial of a Novel Self-Help Technique for Impulse Control Disorders: A Study on Nail-Biting. In: Behavior Modification 35, S. 468-485, 2011

Roberts, S. et al.: The Impact of Emotions on Body-Focused Repetitive Behaviors: Evidence from a Non-Treatment-Seeking Sample. In: Journal of Behavior Therapy and Experimental Psychiatry 46, S. 189-197, 2015

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.