Physik: Teilchenschleudern der anderen Art
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts harrten noch immer diverse chemische Elemente ihrer Entdeckung, ganz zu schweigen von den grundlegenden physikalischen Bausteinen des Kosmos. 100 Jahre später waren dann nicht nur die letzten Lücken im Periodensystem geschlossen, sondern auch eine Reihe von Elementarteilchen bekannt, aus denen alles Bekannte im Universum besteht. Die entscheidenden Werkzeuge für diese Wissensrevolution waren die Teilchenbeschleuniger.
Als Höhepunkt der Entwicklung tauchte 2012 am Large Hadron Collider (LHC) des Forschungszentrums CERN bei Genf das lange gesuchte Higgs-Boson auf. Der LHC ist ein 27 Kilometer langer, ringförmiger Beschleuniger, in dessen Vakuumröhren zwei gegenläufige Protonenstrahlen mit jeweils sieben Teraelektronvolt (TeV) kollidieren. Ein Elektronvolt ist die Energie, die ein Elektron gewinnt, wenn es von einer Spannungsdifferenz von einem Volt beschleunigt wird; ein TeV ist das Billionenfache davon. Beim LHC handelt es sich wohl um das komplexeste und teuerste jemals gebaute wissenschaftliche Gerät. Das Higgs-Boson komplettierte das so genannte Standardmodell der Teilchenphysik, das sämtliche subatomaren Vorgänge beschreibt. Seitdem haben sich weder im LHC noch in irgendeiner anderen Maschine neue Elementarteilchen bemerkbar gemacht. Haben wir also alles gefunden, was es zu finden gibt? Das ist zweifelhaft. Im Standardmodell fehlt die Dunkle Materie, die im All reichlich vorhanden, aber unsichtbar ist. Populäre Erweiterungen der Theorie sagen noch mehr Teilchen voraus. Dazu kommen weitere tief greifende Fragen, etwa nach dem Überwiegen von Materie gegenüber Antimaterie im beobachtbaren Universum. Mit einem leistungsfähigeren Beschleuniger könnten wir solche Rätsel eventuell lösen.
Es gibt bereits Pläne für einen International Linear Collider (ILC), der die Kollisionspartner auf gerader Strecke auf Energien von 250 Gigaelektronvolt (GeV) bringen soll …
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