Direkt zum Inhalt

Polyamorie: Meine Liebe reicht für viele

Polyamor lebende Menschen führen nicht nur mit einem Partner, sondern mit mehreren gleichzeitig eine Beziehung - und zwar so, dass alle Beteiligten voneinander wissen. Kann das gut gehen?
Ein Netz der Liebe

Lisa Stetter-Müller und Christopher Gottwald wirken wie zwei frisch verknallte Teenager, als ich sie zum Interview im Café Einstein in Berlin-Kreuzberg treffe. Während des Gesprächs turteln sie miteinander, werfen sich verliebte Blicke zu, dann und wann unterbrechen sie die Unterhaltung für eine kurze Knutscherei. Immer wieder muss ich mir in Erinnerung rufen, dass die zwei nicht nur einander lieben. Beide haben noch andere Beziehungen, durchaus ähnlich leidenschaftlich. Daraus machen sie keinen Hehl, sie wissen von den Liebschaften des Partners – ein Problem scheint das für sie nicht zu sein.

Die beiden leben "polyamor". Während die Bezeichnung in den USA recht geläufig ist, kennt sie hier zu Lande noch kaum jemand. Das Kunstwort setzt sich aus dem griechischen Wort "polýs" (viele) und dem lateinischen "amor" (Liebe) zusammen. Und so wird der Begriff auch verstanden: "Polyamorie ist die Idee, mehrere Menschen zur gleichen Zeit zu lieben", erklärt Gottwald. "Das kann im Einzelfall allerdings ganz verschieden gelebt werden. Ich habe da die unterschiedlichsten Formen kennen gelernt." Er muss es wissen: Seine frühere Tätigkeit als Theaterregisseur hat der 44-Jährige an den Nagel gehängt, seitdem macht er seine Lebensform zum Beruf und vernetzt sich mit Polyamoren in ganz Deutschland. Er bietet Beratungen für Einsteiger an, organisiert Treffen und gibt Workshops.

Tatsächlich ist das Spektrum nicht mono­gamer Liebesformen breit und verwirrend. Die geläufigste Spielart ist wohl die offene Be­ziehung, in der zwei Menschen als festes Paar zusammenleben, sich aber gegenseitig Seitensprünge zugestehen. Manche führen auch parallel mehrere gleichwertige Partnerschaften. Im unübersichtlichsten Fall bilden sich komplexe Gefüge aus Dreiecks-, Vierecks- oder gar Achtecksbeziehungen ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Empathie und Mitgefühl

Die Gefühle anderer nachzuempfinden, ist wichtig im sozialen Miteinander – ob man sich nun über den Erfolg einer Freundin freut oder als Gemeinschaft in Krisenzeiten zusammenhält. Empathie ist aber kein rein menschliches Phänomen und kann sogar ungesund sein, wenn sie in People Pleasing umschlägt.

Spektrum - Die Woche – Der Erreger, der den »goldenen Tod« bringt

Das Feuerbakterium wütet in Italien. Es hat unzählige Olivenbäume auf dem Gewissen und macht nun auch Mandeln, Kaffee und Eichen zu schaffen. Wirtschaft und Kultur haben bereits großen Schaden genommen. Experten suchen nach Mitteln, um das Bakterium zu stoppen.

Spektrum Psychologie – Single und glücklich

Du bist immer noch solo? Solche Fragen können am Ego kratzen. »Spektrum Psychologie« erklärt, warum es vielen Singles dennoch gut geht – und ab der Lebensmitte sogar immer besser. Außerdem: Wie Menschen mit Depressionen die richtige Psychotherapie finden.

  • Quellen und Literaturtipps

Literaturtipps

Easton, D., Hardy, J. W.: Schlampen mit Moral. mvg, München 2014
Ratgeber für alle Beziehungsformen jenseits des exklusiven Pärchendaseins

Schott, O.: Lob der offenen Beziehung: Über Liebe, Sex, Vernunft und Glück. Bertz & Fischer, Berlin 2013
Der Philosoph Oliver Schott hinterfragt die Monopolstellung der Monogamie.


Quellen

Van Anders, S. M. et al.:Multiple Partners Are Associated with Higher Testoster­one in North American Men and Women. In: Hormones and Behavior 51, S. 454-459, 2007

Hart, S. L. et al.:When Infants Lose Exclusive Maternal Attention: Is it Jealousy? In: Infancy 6, S. 57-78, 2004

Mitchell, M. E. et al.:Need Fulfillment in Polyamorous Relationships. In: The Journal of Sex Research 51, S. 329-339, 2014

Morrison, T. G. et al.:Comparison of Polyamorous and Monoamorous Persons: Are there Differences in Indices of Relationship Well-being and Sociosexuality? In: Psychology & Sexuality 4, S. 75-91, 2013

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.