Porträt: Angela Friederici: Wie das Gehirn zur Sprache kommt
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Das Wissen um den Zusammenhang zwischen Hirnläsionen und Sprachstörungen war um 1900 noch relativ neu, doch Marcel Proust war darüber durch seinen Vater, einen prominenten Nervenarzt, bestens informiert. Damals boten die unterschiedlichen Störungsbilder der Aphasie, hervorgerufen durch Hirnschlag oder Kopfverletzung, die einzige Chance, den Zusammenhang von Sprache und Gehirn zu erforschen. Erst mit der Elektroenzephalografie (EEG) und modernen bildgebenden Verfahren lässt sich der Zusammenhang zwischen Hirntätigkeit und Sprache detailliert untersuchen. Ein Star der Forschung auf diesem Gebiet ist Angela Friederici. Sie personifiziert durch ihren Werdegang – von Germanistik über Psychologie zu Neurologie – den Brückenschlag zwischen Geistes- und Naturwissenschaft, ohne den heute kein tieferes Verständnis von Sprache möglich ist. Das Medium, in dem wir sprechen und lesen, denken und dichten, mailen und twittern, ist ein spezifisch menschliches Natur- und Kulturprodukt komplex verschalteter Neuronenbündel. Es bereitete mir großes Vergnügen, zu sehen, wie in den Augen von Frau Friederici, während wir uns mit der Sprache über die Sprache unterhielten, immer dann, wenn von der Aussicht auf neue Erkenntnisse die Rede war, die pure Forscherlust aufblitzte.
Spektrum der Wissenschaft: Frau Professor Friederici, wie kamen Sie zur Wissenschaft? Hatten Sie früh Interesse an empirischer Naturforschung, oder interessierte Sie mehr die Erforschung von Geist und Sprache?
Prof. Dr. Angela Friederici: Ganz am Anfang stand sicherlich mein Vater, der selbst Wissenschaftler war – Hämatologe – und mit dem ich einige Male ins Labor durfte. Beim Entschluss, was ich studieren wollte, stand aber eher die Sprache im Vordergrund. Deshalb habe ich zunächst Germanistik studiert. Ich merkte aber bald, dass das, was in den Grammatikbüchern steht, nicht unbedingt das ist, was der Mensch spricht. Mich faszinierte ein Gastdozent an der Universität Bonn, der ein Seminar über Sprachstörungen leitete. Von dem lernte ich, dass...
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