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Synästhesie: Süße Rundungen

Unser Gehirn verbindet Geschmack und Form von Nahrungsmitteln ­miteinander. Marketingexperten und Gastronomen können diese unbewussten cross-sensorischen Assoziationen nutzen.
Pralinen

Haben Sie sich beim Einkaufen schon einmal gefragt, warum Quark in einem breiteren Becher verkauft wird als Jogurt? Erwarten wir eine cremige, fettige Speise tatsächlich eher in einem flachen Behältnis? Und weshalb prangt auf bestimmten Bier- und Sprudelmarken oder der Verpackung von Mentholbonbons ein roter Stern? Die eckige Form symbolisiert offenbar optisch das prickelnde Mundgefühl: Die Kohlensäure ruft dieses Empfinden hervor, indem sie den Trigeminusnerv stimuliert. Der Stern erzeugt vorher schon eine Assozia­tion mit Frische, obwohl er ein ganz anderes Sinnessystem anspricht.

Genau dazu ist Marketing da: Es soll beim Konsumenten positive Erwartungen wecken. Während diese Absicht beim Anblick eines roten Sterns noch auf der Hand liegt, sind die beabsichtigten Assoziationen in anderen Fällen wie dem Quarkbehälter weniger offensichtlich. Die Urteile verschiedener Menschen über solche willkürlichen Verbindungen stimmen allerdings erstaunlich gut überein, stellten Wahrnehmungs­forscher fest.

In einem Forschungslabor der University of Oxford gab unsere Arbeitsgruppe Probanden eine so genannte Forced-Choice-Aufgabe: Sie sollten Schokoladensorten probieren, die zwischen 30 und 90 Prozent Kakao enthielten, und danach ihre Assoziationen mit dem Geschmacks­erlebnis auf einer Skala einordnen – mit einem Stern am einen und einer­ Wolke am anderen Ende. Die Versuchspersonen tendierten bei der dunkleren Schokolade mehrheitlich Richtung Stern, sprachen ihr also eher einen "eckigen" Charakter zu, der Vollmilchschoko­lade hingegen wolkenförmige Eigenschaften ...

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  • Quellen

Bien, N. et al.:The Sound of Size: Crossmodal Binding in Pitch-Size Synesthesia. A Combined TMS, EEG, and Psychophysics Study. In: NeuroImage 59, S. 663-672, 2012

Deroy, O., Valentin, D.: Tasting Liquid Shapes: Investigating Cross-Modal Correspondences. In: Chemosensory Perception 4, S. 80 – 90, 2011

Ngo, M. et al.: Assessing the Shapes and Speech Sounds that People Associate with Chocolate Samples Varying in Cocoa Content. In: Food Quality & Preference 22, S. 567 – 572, 2011

Rouw, R., Scholte, H.S.: Neural Basis of Individual Differences in Synesthetic Experiences. In: The Journal of Neuroscience 30, S. 6205-6213, 2010

Piqueras-Fiszman, B. et al.: Is it the Plate or is it the Food? Assessing the Influence of the Color (Black or White) and Shape of the Plate on the Perception of the Food Placed on it. In: Food Quality & Preference 24, S. 205 – 208, 2012

Piqueras-Fiszman, B., Spence, C.: The Influence of the Color of the Cup on Consumers' Perception of a Hot Beverage. In: Journal of Sensory Studies 27, S. 324–331, 2012

Spence, C. et al.: The Plating Manifesto (II): The Art and Science of Plating. In: Flavour 3, S. 1 – 12, 2014

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