Archäomagnetik: Produktionsdatum: siehe Magnetfeld
Zur Kunst der Archäologen gehört es, Siedlungsschichten in eine zeitliche Abfolge zu bringen – beispielsweise anhand von Stilmerkmalen der ausgegrabenen Gebrauchskeramiken. Letztlich bleiben das jedoch relative Datierungen. Ein absolutes Alter können außer Schriftquellen nur naturwissenschaftliche Verfahren wie die Radiokohlenstoffmethode (14C), Thermolumineszenz oder die Dendrochronologie ermitteln. Noch wenig bekannt ist die Paläo- beziehungsweise Archäomagnetik. Sie erreicht zwar nicht immer die gleiche Genauigkeit wie die genannten Verfahren, ist aber auch dann anwendbar, wenn in der archäologischen Stätte keine organischen Überreste entdeckt werden. In jedem Fall kann sie die genannten Techniken ergänzen und deren Datierungen absichern.
Die physikalische Grundlage der Methode bilden Schwankungen des Erdmagnetfelds. So wechselt es jeweils nach etwa einer halben Million Jahre seine Ausrichtung. Aufgezeichnet ist dies unter anderem in den Ozeanböden. Quellen dort glutflüssige Magmen aus Rissen in den Mittelozeanischen Rücken, so richtet sich die Magnetisierung bestimmter Eisenminerale beim Erkalten der Basalte nach dem aktuellen Feld aus. Noch viele Millionen Jahre später können Geowissenschaftler diese Information aus Gesteinen auslesen und den Epochen der Erdgeschichte zuordnen. Stärke und Richtung des Magnetfelds schwanken aber auch regional und über Zeiträume von oft nur wenigen Jahrzehnten. Hier können menschengemachte "Gesteine" das Feld zum Zeitpunkt ihrer Entstehung aufzeichnen. Dazu gehören insbesondere alle aus Lehm und Ton gebrannten Strukturen sowie eisenhaltige Schlacken. Dabei entstehen die magnetisierbaren Minerale oft erst bei deren Fertigung.
Dem Physiker Giuseppe Folgheraiter von der Accademia Nazionale dei Lincei in Rom war Ende des 19. Jahrhunderts an etruskischen und griechischen Vasen wohl als Erstem aufgefallen, dass Keramiken gleichen Alters sehr ähnliche Feldwerte gespeichert haben. Unter der Annahme, die Vasen seien auf einer horizontalen Fläche gebrannt worden, ermittelte er die Inklination und vermochte eine zeitliche Entwicklung nachzuzeichnen. Emile und Odette Thellier am Institut de Physique du Globe in Paris widmeten sich systematisch der Methode in den 1930er Jahren. Grundsätzlich benötigt man 10 bis 20 Proben, deren Magnetisierungen im Labor gemessen werden. Anders als bei 14C oder der Thermolumineszenz handelt es sich dabei vor allem um Größen, die durch Betrag und eine Richtung beschrieben werden. Keramische Gefäße taugen dafür leider nur selten, denn das beim Brennen herrschende Erdmagnetfeld lässt sich nur dann verlässlich aus den Laborwerten errechnen, wenn die genaue räumliche Orientierung der Proben in ihrer ursprünglichen Lage bekannt ist. ...
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