Gesundheit : Was wirklich hilft
Vor 70 Jahren sorgte eine Veröffentlichung des Psychologen Hans Jürgen Eysenck (1916–1997) für Wirbel. Seine provokante These: Psychotherapie sei im Endeffekt nicht wirksamer als gar keine Behandlung. Er hatte 24 Studien ausgewertet, laut denen 66 Prozent der Patienten von einer Psychotherapie profitierten. Da ihm keine wirkliche Kontrollgruppe zur Verfügung stand, nutzte er zum Vergleich Daten von Patienten, die in einer überfüllten Psychiatrie oder vom Hausarzt behandelt worden waren und bei denen er davon ausging, sie hätten keine oder kaum Psychotherapie erhalten. Dennoch ging es ihnen hinterher ähnlich gut. Das verleitete ihn zu seiner Annahme, der Erfolg von Psychotherapie unterscheide sich nicht bedeutsam von einer Spontanheilung.
Heute weiß man um die methodischen Mängel der Untersuchung, aber damals sorgten Eysencks Befunde für Aufregung – und zwangen Psychotherapeuten dazu, die Wirksamkeit ihres Verfahrens nachzuweisen. Eine regelrechte Kaskade an Überblicksarbeiten, so genannten Metaanalysen, entstand, welche die bisherige Studienlage statistisch zusammenfassen, um eine Gesamtaussage zu treffen. Doch was ist Psychotherapie überhaupt? Keine einfache Frage, schließlich versammeln sich unter dem Begriff diverse Verfahren, die sich seit dem 20. Jahrhundert in rasantem Tempo entwickelt haben. Wir schauen heute auf eine nicht zu überblickende Zahl von unterschiedlichen therapeutischen Interventionen, schreibt Mark Helle von der Hochschule Magdeburg-Stendal in seinem 2019 erschienenen Buch »Psychotherapie«.
Nur drei der vielen Behandlungsformen gelten in Deutschland derzeit als anerkannte Psychotherapieverfahren im Sinne der Psychotherapie-Richtlinie ...
Die neue Gehirn&Geist-Serie »Wie Psychotherapie wirkt« im Überblick:
Teil 1: Was wirklich hilft (dieser Artikel)
Teil 2: »Der Schulenstreit ist längst überholt« (Gehirn&Geist 5/2022)
Teil 3: Nebenwirkungen der Behandlung (Gehirn&Geist 6/2022)
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