Quantenphysik: Pfadbestimmung im Doppelspalt
Das Doppelspaltexperiment ist eines der grundlegenden Experimente zur Quantenmechanik. Ursprünglich hat es der Engländer Thomas Young 1802 durchgeführt, um zu beweisen, dass Licht aus Wellen besteht. Seit den 1920er Jahren wird damit auch an Materiepartikeln untersucht, ob sie Wellen- oder Teilchencharakter haben. Es setzte sich schnell die Erkenntnis durch, dass beides der Fall ist: Materie wie Licht zeigen etwas, was unter dem Begriff Welle-Teilchen-Dualismus bekannt ist. Fliegen Quantenobjekte wie beispielsweise Elektronen, Photonen oder Neutronen durch einen Doppelspalt auf einen Detektionsschirm, beobachtet man ein Interferenzmuster, das sich durch deren Wellennatur erklären lässt. Mathematisch wird diese durch ihre Wellenfunktion ausgedrückt. An jedem Spalt entsteht eine Sekundärwelle, und die gegenseitige Verstärkung und Auslöschung rufen auf dem Schirm die Streifen eines Interferenzmusters hervor. Sobald man die Wellen aber detektiert, erscheinen sie als Teilchen. Jedes davon erzeugt auf dem Schirm nur einen Punkt. Das Interferenzmuster wird erst allmählich durch deren statistische Verteilung sichtbar. Interessanterweise funktioniert das auch dann, wenn man Teilchen einzeln ankommen lässt und sich niemals mehrere gleichzeitig im Versuchsaufbau befinden.
Diese »Einteilchen-Interferenz« ist bereits ein erster Hinweis darauf, dass jedes Objekt beide Wege zeitgleich geht. Weil aber das Interferenzmuster erst am Kollektiv sichtbar wird, sind auch Deutungen der Quantenmechanik denkbar, die den individuellen Teilchen eine eindeutig bestimmte Flugbahn zuweisen. Die bohmsche Mechanik deutet die Wellenfunktion als »Pilotwelle«, die gewissermaßen ausforscht, welche Trajektorien möglich sind. Jedes Teilchen bewegt sich dann auf einer scheinbar zufällig ausgewählten Bahn, die allerdings für sich klar lokalisiert ist. Laut der Viele-Welten-Theorie wiederum werden alle Möglichkeiten in getrennten Parallelwelten ausgelebt.
Um solche Zusammenhänge näher zu untersuchen, müsste man messen, welchen Weg ein einzelnes Teilchen nun wirklich nimmt. Doch sobald man das Experiment so konstruiert, dass das Vorbeifliegen der Teilchen am Spalt detektiert werden kann, verschwindet die Interferenz. Deren Sichtbarkeit V und das Vermögen P, den Pfad zu bestimmen, sind komplementär, mathematisch ausgedrückt durch P² + V² ≤ 1.
Mit einer neuen Strategie ist es uns, der Neutroneninterferometrie-Gruppe der TU Wien, nun trotzdem gelungen, die Präsenz der Teilchen in den einzelnen Pfaden zu bestimmen – bei voller Interferenz …
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