Meeresforschung: Der Canyon der Wale
Er hieß Wal der Basken, auch großer Tyrann der Meere. Den einst in der südlichen Biskaya sehr häufigen Atlantischen Nordkaper, Eubalaena glacialis, erlegten baskische Fischer nachweislich schon im frühen Mittelalter. Doch seit dem 16. Jahrhundert ist er im östlichen Atlantik ausgerottet. Nur vor Amerika taucht dieser bis zu 18 Meter lange Glattwal noch regelmäßig auf.
Früher erschien die Art auf ihrer jährlichen Wanderung in großer Zahl beim Gouf von Capbreton: einem gewaltigen Meeres-Canyon, der nördlich von Biarritz dicht vor der Küste beginnt und nach Westen ziehend in die Sedimente des Rands der Kontinentalplatte schneidet. Die gaskonische Bezeichnung Gouf leitet sich vom französischen Wort "gouffre" (Abgrund, Schlund) ab. Capbreton heißt der kleine Ort, bei dem der Adour, immerhin der sechstgrößte Fluss Frankreichs, früher ins Meer mündete – dort, wo nicht weit entfernt die Meeresschlucht anfängt.
Diese geologische Formation bringt die Welt des offenen Ozeans und der Tiefsee in direkte Küstennähe. Mich und einige meiner Kollegen von der Gefma, die hier forschen, interessieren dabei besonders die größeren Tiere – vor allem die hier noch auftretenden Wale. Die Abkürzung Gefma steht für Groupe d’étude de la faune marine atlantique (Forschungsgruppe für die marine atlantische Fauna). Die Tierwelt des Canyons und seines Umfelds erweist sich als derart reich und vielgestaltig, dass die Wissenschaftler immer wieder über ihre Entdeckungen staunen. In wachsender Anzahl finden sie jetzt sogar subtropische Arten, die im Mittelmeer oder an weiter südlichen Atlantikküsten zu Hause sind. Anscheinend verschiebt sich gegenwärtig mit dem globalen Klimawandel das Milieu jenes Lebensraums langsam, aber deutlich, und mit ihm das Artenspektrum ...
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