Physik: Reise in die Abgründe des Atomkerns
Das beobachtbare Universum enthält grob geschätzt unfassbare 1053 Kilogramm normaler Materie. Den Löwenanteil zu ihrer Masse tragen rund 1080 Protonen und Neutronen bei. Gemeinsam mit den viel leichteren Elektronen bilden sie das Baumaterial aller Atome und Moleküle. Woher aber kommt die Masse der Kernteilchen?
Eine Antwort auf diese Frage zu finden, erweist sich als erstaunlich schwer. Klar ist: Die auch als Nukleonen bezeichneten Protonen und Neutronen bestehen ihrerseits aus so genannten Quarks. Diese sind durch masselose Gluonen miteinander verbunden. Doch die Quarks in den Nukleonen machen kaum ein Prozent von deren Gesamtmasse aus
Der mögliche Ursprung des übergroßen Rests ist dabei nur eines von mehreren Mysterien um die Bausteine der Atome. Der quantenmechanische Drehsinn (»Spin«) der Nukleonen ist ähnlich unerklärlich – der Spin der Quarks in ihrem Inneren reicht dafür nicht aus. Die Wissenschaftler denken inzwischen, dass Spin, Masse und andere Eigenschaften der Nukleonen ihren Ursprung im komplexen Zusammenspiel von Quarks und Gluonen haben. Wie das vor sich geht, entzieht sich bislang ihrer Kenntnis. Die Theorie ist dabei im Augenblick nur wenig hilfreich.
Für Fortschritte hoffen die Forscher auf neue experimentelle Daten. Hier kommt ein geplanter Beschleuniger namens Electron-Ion Collider (EIC) ins Spiel. Er unterscheidet sich etwa vom Large Hadron Collider (LHC) am CERN bei Genf oder vom Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) am Brookhaven National Laboratory auf Long Island in den USA, in denen aus vielen Elementarteilchen zusammengesetzte Atomkerne aufeinanderprallen. Stattdessen sollen im EIC Elektronen, die keine innere Struktur besitzen, mit Protonen und Neutronen kollidieren. So sind weniger Teilchen an den Wechselwirkungen beteiligt. Wissenschaftler können damit die Vorgänge besser aufschlüsseln und einen ungetrübteren Blick ins Innere der Nukleonen werfen …
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