Restless Genital Syndrome: Quälende Erregung
In einer Kleinstadt mitten in Texas, wo jeder jeden kennt, wohnt Sally mit ihrem Mann; die erwachsenen Kinder sind schon aus dem Haus. Als die beiden eines Tages eine Motorradspritztour unternahmen, verlor Sally beim Beschleunigen den Halt. Sie stürzte von der Maschine und landete hart auf dem Rücken. Wie sie später in der Notaufnahme erfuhr, hatte sie sich einige Wirbel gestaucht sowie das Steißbein und das Handgelenk an drei Stellen gebrochen.
Nach etlichen Operationen und Physiotherapiestunden sowie der Einnahme eines ganzen Arsenals an Medikamenten begann ihre Wirbelsäule wieder zu heilen. Es schien aufwärtszugehen – abgesehen von lästigen Blasenproblemen. "Ich hatte ständig das Gefühl, auf die Toilette zu müssen." Aber die Ärzte machten ihr Hoffnung, dass sich das auch noch bessern würde.
Dann fing es an: Aus heiterem Himmel war Sally sexuell stark erregt. Das Gefühl traf sie unvorbereitet, und sie konnte nichts dagegen tun. Wie sich erst viel später herausstellen sollte, litt Sally an einer andauernden genitalen Erregungsstörung, dem so genannten Restless Genital Syndrome (RGS). Diese erst kürzlich entdeckte mys- teriöse Krankheit quält tausende Männer und Frauen weltweit. Sie hat nichts mit Sexsucht und wenig mit Verlangen zu tun. Trotz der begleitenden psychischen Probleme – viele Patienten leiden an Depressionen und Selbstmordgedanken – handelt es sich um eine rein körperliche Störung des peripheren Nervensystems, welches auf einmal auf sexuelle Erregung umschaltet.
Verursacht durch eine fatale Kombination aus Verletzungen, Medikamentengabe und hormonellen Veränderungen senden die Nerven im Beckenbereich falsche Signale zum Gehirn. Dies kann etwa dazu führen, dass die Betroffenen zwölf Stunden lang das Gefühl nicht mehr loswerden, masturbieren zu müssen. Oder es kribbelt und bebt unaufhörlich im Schritt. Im unangenehmsten Fall löst eine falsche Bewegung mitten im Supermarkt einen Orgasmus aus. Über kurz oder lang wird es so fast unmöglich, ein normales Leben zu führen.
Seitdem die Sexualwissenschaftlerin Sandra Leiblum das Syndrom 2001 erstmals beschrieb, beobachten Fachärzte steigende Diagnosezahlen der immer noch seltenen, aber inzwischen besser bekannten Störung ...
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