Geologie: Riesenvulkan am Meeresgrund
Haushohe, dunkle Wellen ließen unser Forschungsschiff bedenklich von einer Seite zur anderen rollen. Dabei ist die Falkor immerhin 83 Meter lang und über 2000 Tonnen schwer. Ein Sturm aus Sibirien, der nur knapp an uns vorbeigezogen war, hatte die See mächtig aufgewühlt. An meinem Sitzplatz im Labor auf dem Hauptdeck mühte ich mich verzweifelt, zu verhindern, dass mein Kaffee auf die vor mir liegende Meeresbodenkarte schwappte.
Es war Mitte Oktober 2015. Wir befanden uns im Nordwestpazifik, etwa 1600 Kilometer östlich von Japan. Zum wohl x-ten Mal starrte ich auf die Karte. Sie zeigte ziemlich parallel verlaufende Streifen am Meeresgrund beidseits des riesigen, alten Tamu-Vulkanmassivs. Jeder davon dokumentierte, wie der betreffende Abschnitt des Meeresbodens zur Zeit seiner Bildung magnetisiert war – positiv oder negativ. Doch das Magnetmuster passte nicht zu meinen Vorstellungen über die Entstehung von Tamu.
Plötzlich krachte eine Welle mit voller Wucht gegen die Falkor und brachte mich ins Taumeln. In diesem Moment ging mir auf, was des Rätsels Lösung war. Als erstes erfasste mich ein beglückendes Heureka-Gefühl, doch dann schlug ich die Hand vor die Stirn und rief: »Oh nein!«
Ich untersuchte diesen Vulkan nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten, hatte die maßgeblichen Artikel über ihn publiziert, ihm seinen Namen gegeben und seine Geschichte erklärt. Deshalb war meine plötzliche Erkenntnis ein Schock für mich – bedeutete sie doch, dass meine bisherigen Vorstellungen und die aller anderen Forscher von der Entstehung des Tamu-Massivs schlichtweg falsch waren.
Mit rund 430 Kilometern Breite und 600 Kilometern Länge ist die Erhebung ein Gigant unter den Vulkanen …
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