Archäologie: Röntgentechnik entziffert antike verkohlte Schriftrollen
Als im Jahr 79 der Vesuv ausbrach, begrub er im antiken Herculaneum eine Bibliothek mit hunderten handbeschriebenen Papyrusrollen. Zwar sind diese bei dem Ereignis fast vollständig verkohlt, enthalten aber immer noch entzifferbare Texte. Seit 260 Jahren versuchen Archäologen, die Schrift zu lesen – ein extrem schwieriges Unterfangen, denn der Papyrus zerbröselt, sobald man ihn zu entrollen versucht. Und auch Durchleuchtungstechniken wie die Röntgentomografie stoßen an Grenzen, denn die Röntgendichten der antiken Tinte und des Papyrus unterscheiden sich zu wenig, um sie klar voneinander trennen zu können.
Forscher um Vito Mocella vom Consiglio Nazionale delle Ricerche in Neapel (Italien) stellen nun eine verbesserte Durchleuchtungsmethode vor: die Röntgenphasenkontrasttechnik. Sie nutzt aus, dass ein Röntgenstrahl seine Phase verändert, wenn er ein Medium durchläuft. In den verkohlten Rollen liegt die Tinte auf dem Papyrus auf und erhebt sich um wenige Mikrometer über ihn. Röntgenstrahlen, die ein Schriftzeichen durchdrungen haben, besitzen deshalb eine geringfügig andere Phase als Strahlen, die durch unbeschrifteten Papyrus getreten sind. Dieser Unterschied lässt sich im Röntgenbild darstellen.
Die Wissenschaftler tasteten zusammengerollte und verkohlte Papyrusdokumente mit Röntgenstrahlen fester Wellenlänge ab. Dabei erfassten sie unter anderem die Lage und Dicke der einzelnen Schichten. Diese berücksichtigend, konnten sie aus den Röntgendaten tatsächlich einzelne griechische Lettern herauslesen. Deren Schriftbild lässt vermuten, dass sie von dem antiken Schreiber Philodemus stammen, dem bereits mehrere andere Dokumente der Herculaneum-Bibliothek zugeordnet werden.
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