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Teilchenphysik: Rückschlag für "sterile" Neutrinos

Seit dem Jahr 2011 grübeln Physiker über ein rätselhaftes Ergebnis von Neutrinoexperimenten: Wie­derholt haben Detektoren, die den flüchtigen Par­tikeln im Umfeld von Atomkraftwerken nachspüren, weniger der Teilchen nachgewiesen als erwartet. Eine Erklärung für diese "Reaktor-Antineutrino-Anomalie" wäre eine neue, nicht nachweisbare Variante, in die sich einige der Teilchen im Flug verwandeln. Solche "sterilen" Neutrinos finden auch deshalb viel Beachtung, weil Physiker sie als mögliche Erklärung für die Dunkle Ma­terie heranziehen. Diese hypothetische Materieform soll im Weltall allgegenwärtig sein; woraus sie bestehen könnte, ist aber unklar.

Eine Messung der amerikanisch-chinesischen Daya-Bay-Kollaboration versetzt den sterilen Neutrinos nun allerdings einen Dämpfer. Mit vier Detektoren haben die beteiligten Forscher zwischen 2011 und 2015 gut zwei Millionen Antineutrinos aufgefangen, die aus den sechs Kernreaktoren des Daya-Wan-Nuklearkomplexes in der Nähe von Shenzhen, China, stammen. Die Geisterpartikel enstehen dort in den Brennstäben der Reaktoren, wenn Atomkerne von Uran-235 oder Plutonium-239 gespalten werden. Die Physiker konnten nun nachvollziehen, wie stark diese beiden Elemente jeweils zum Antineutrinofluss beitrugen. Ihr Verhältnis ändert sich mit fortlaufender Betriebsdauer der Reaktoren, und sie produzieren jeweils Antineutrinos mit unterschiedlicher Energieverteilung.

Im Fall von Uran-235 erreichten acht Prozent weniger Antineutrinos die Detektoren von Daya Bay, als ein ver­breitetes Modell des Kernzerfalls vorhergesagt hatte – hier hatte die Anomalie also weiter Bestand. Bei der Analyse der Antineutrinos aus Plutonium-239 zeigte sich hingegen keine Spur der zuvor beobachteten Diskrepanz. Dies würde man jedoch erwarten, wenn sich einige der ausgesandten Teilchen im Flug tatsächlich in sterile Neutrinos verwandeln. Aus Sicht der Forscher ist die plausibelste Erklärung, dass das Modell für den Zerfall von Uran-235 schlicht fehlerhaft ist – vermutlich sagt es eine zu hohe Rate der emittierten Antineutrinos voraus. Weitere Messungen sollen diese Vermutung bestätigen.

  • Quelle
Vorabveröffentlichung, arXiv:1704.01082, 2017

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