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Editorial: Schrödingers Bärtierchen

Dr. Carsten Könneker

Ein Tier steht seit 1935 symbolhaft für die Rätsel der Quantenphysik: Schrödingers Katze. Der österreichische Physiker wollte mit einem Gedankenexperiment Ideen von Werner Heisenberg und anderen Kollegen ad absurdum führen. Ihnen zufolge kann sich ein quantenmechanisches System in einer Überlagerung verschiedener Zustände befinden, bei einem radioaktiven Atom zum Beispiel "zerfallen" und "nicht zerfallen". Sobald jemand nachmisst, findet er jedoch entweder den einen oder den anderen Zustand; folglich müsse der Messvorgang als solcher den Kollaps der vorherigen "Superposition" verursachen. Diese Vorstellung empfand der Nobelpreisträger des Jahres 1933 als Zumutung.

Seine imaginäre Katze verfrachtete er in eine verschlossene Kiste. In deren Innern sorgt eine Apparatur dafür, dass ein Kolben mit tödlicher Blausäure zerbirst, sobald ein Atom einer radioaktiven Substanz zerfällt. Schrödinger bezeichnete das Ganze in seinem Originalaufsatz als "Höllenmaschine", durch die gemäß Heisenbergs Theorie die lebende und die tote Katze in der Kiste miteinander "verschmiert" existieren. Das aber könne ja wohl niemand im Ernst glauben. Schlimmer noch: Wenn jemand den Kas­ten öffnet und die Katze darin tot ist, wäre das Nachschauen gleichsam die Todesursache.

Indem er den mikrophysikalischen Prozess des Atomzerfalls in seinem fiktiven Versuch auf die makrophysikalische Ebene unserer Alltagswelt hob, adressierte Schrödinger neben dem "Messproblem der Quantenmechanik" noch eine weitere bis heute umstrittene Frage: Gelten die seltsamen Gesetze der Quantenmechanik womöglich nur bis zu einer bestimmten Größenordnung? Wie wir ab S.12 berichten, schicken sich Physiker an, genau dies endlich experimentell zu entscheiden. Und wieder soll ein Tier eine zentrale Rolle spielen. Nein, keine Katze, aber immerhin das mikroskopisch kleine Bärtierchen!

Die Grenzen zwischen Realität, Gedankenexperiment und Sciencefiction verschieben sich bisweilen. Das war ein Grund dafür, dass wir vor zwei Jahren die Rubrik Futur III ins Leben riefen. Jetzt gibt es Anlass zur Freude: Unser Autor Uwe Hermann wurde für seine Erzählung "Das Internet der Dinge" mit dem renommierten Kurd Laßwitz Preis für Sciencefiction ausgezeichnet. Wir gratulieren!

Herzlich grüßt

Ihr

Carsten Könneker

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