Seefahrt: "Am Ufer des Wadsch wer"
Wie wichtig die Nilschifffahrt in pharaonischer Zeit war, belegen bildliche Darstellungen und Tonfiguren, Schriftquellen ebenso wie die Überreste prachtvoller Barken in Königsgräbern. Doch auf dem Mittelmeer oder gar dem Roten Meer konnten sich Experten die Ägypter lange Zeit nicht vorstellen. Vielmehr hätten die Pharaonen Völker mit entsprechendem Knowhow in der Seefahrt beauftragt: Bilder von Schiffen etwa, die zwischen Byblos im heutigen Libanon und Ägypten unterwegs waren, zeigen Matrosen mit Vollbärten, wie sie in Vorderasien üblich waren. Manche Wissenschaftler bezweifeln sogar, dass das Altägyptische überhaupt einen Begriff für "Meer" kannte; andere deuten "wadsch wer", wörtlich: "das große Grüne", in dieser Richtung.
Erst seit gut zehn Jahren, nachdem an der Küste des Roten Meeres drei hafenartige Anlagen zu Tage kamen, scheint gewiss: Ägypter überquerten wohl nicht nur den Golf von Sues, um auf die Sinaihalbinsel zu gelangen; möglicherweise segelten sie sogar über den 27 Kilometer breiten Bab el-Mandab (arabisch für "Tor der Tränen"; siehe Karte S. 19) zum Golf von Aden.
Mersa Gawasis wurde als erste dieser aufregenden Fundstätten entdeckt, eine kleine Hafenstadt am Ausgang des gleichnamigen Wadis, südlich des modernen Safaga. 1976 und 1977 war der ägyptische Archäologe Abd el-Moneim Sayed dort im Auftrag der Universität von Alexandria tätig. Auf einem felsigen Vorsprung über dem Meer stieß er auf offenkundige Kultplätze: zu Kreisen gelegte Steinbrocken, manchmal mit aus Kalkstein gehauenen Schiffsankern, mitunter ganz aus solchen Objekten gebaut. Einige Anker trugen zudem Gedenkinschriften. ...
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