Selbstkongruenz: Wahres Ich – Echt jetzt
Evi ist ganz bei sich. Trifft man sie in unserem Viertel auf der Straße, lässt sie einen zum Beispiel umstandslos wissen: »Ich hab Schokolade – lecker!« Kein »Wie geht’s?« oder »Probier mal!«. Sie wartet auch nicht, ob man etwas erwidert, sondern läuft grußlos weiter. Die Gefühle von anderen interessieren Evi kaum, weshalb sie schon mal Dinge fragt wie: »Warum bist du so dick?« Aber das verzeiht man Evi gern. Sie ist schließlich erst vier.
Kinder sind der Inbegriff des Authentischen. Und dafür lieben wir sie. Sie verkörpern ein Ideal, von dem wir Erwachsene uns oft eine Scheibe abschneiden möchten: einfach ganz man selbst sein! Den eigenen Gefühlen und Wünschen folgen, ohne danach zu schielen, was angebracht oder opportun ist! Doch so beneidenswert das erscheint, es hat durchaus Nachteile: Derart authentische Menschen stoßen ihre Nächsten leicht vor den Kopf und können sich schlecht auf Situationen einstellen, in denen Verstellung gefragt ist. Wenn man überzeugen oder eigene Ziele durchsetzen will, ist kompromissloses »Echtsein« eher hinderlich.
Vielleicht denken Sie jetzt, das sei reichlich überzeichnet. Mit Authentizität verbinden wir im Allgemeinen keine so radikale Ich-Bezogenheit, sondern eine Art naturbelassene Unschuld. Eben zu wissen, was man will, und danach zu handeln. Authentisch sein hat ein überaus positives Image. So schreibt der britische Psychologe und Coach Stephen Joseph: »Authentische Menschen sind absolut ehrlich zu sich selbst. Sie sind fähig, auf ihre innere Stimme – ihr Bauchgefühl – zu hören. Und sie sind sich der Komplexität ihrer Gefühlslage bewusst, weil ...
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