Suizidprävention: Jung, verletzt - und lebensmüde?
Vergangenen Monat erhielt ich den Anruf einer Vertrauenslehrerin. Sie wisse nicht genau, wie sie sich verhalten solle. Es gehe um eine Schülerin, die sich offenbar seit gut eineinhalb Jahren regelmäßig am Unterarm mit einer Rasierklinge ritzt. Lange konnte die 15-jährige Pia (Name und Fallgeschichte anonymisiert) die Verletzungen geheim halten, indem sie immer lange Ärmel trug. Doch dann entdeckte eine Schulkameradin in der Sportumkleide die Wunden und wandte sich besorgt an die Vertrauenslehrerin, mit der Bitte, Pia zu helfen. Diese suchte umgehend das Gespräch mit dem Mädchen, ließ sich die Ritzverletzungen zeigen und fragte nach dem Grund. Pia erklärte, indem sie sich selbst weh tue, könne sie besser mit negativen Gefühlen und inneren Anspannungen umgehen. Mehr wollte sie nicht erzählen. Die Lehrerin befürchtete nun, Pia könnte sich so tief schneiden, dass sie dabei ums Leben kommt.
Es handelt sich in vielerlei Hinsicht um eine typische Situation. Laut internationalen Erhebungen fühlt sich ein Großteil der Pädagogen und Schulsozialarbeiter unsicher im Umgang mit Jugendlichen, die sich selbst verletzen. Meist reagieren sie mit Erschrecken, oft mit Mitgefühl und Anteilnahme, mitunter aber auch mit Abneigung, Ekel und Unverständnis. Viele fragen sich, ob die Selbstverletzungen ein Indiz für einen drohenden Suizid darstellen. Oft wissen sie nach eigenen Angaben nicht, wie sie mit den Jugendlichen am besten ins Gespräch kommen und sie unterstützen können. Nur in den seltensten Fällen haben Angehörige der genannten Berufsgruppen jemals eine konkrete Schulung für den Umgang mit solchen Kindern erhalten. Dabei kommen fast alle irgendwann einmal mit Betroffenen in Berührung ...
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