Recycling: Sondermüll oder Wertstoff?
Viele Lichtquellen enthalten umweltgefährdende Stoffe, doch es gibt Wege für eine weitgehende Verwertung.
Auch die beste Lampe hat irgendwann ihre Schuldigkeit getan und muss fachgerecht entsorgt werden. Konventionelle Glühlampen sowie Halogen-Glühlampen bestehen nur aus Metall und Glas und dürfen deshalb in den Hausmüll. Das gilt auch für viele moderne Speziallampen ohne umweltgefährdende Stoffe wie die mit Xenon gefüllten Flachlampen (PLANON) von Osram oder die neuen Hochdruck-Natriumdampflampen (SON-PIA) von Philips. Dagegen enthalten Leuchtstofflampen umweltgefährdendes Quecksilber (siehe Beitrag auf Seite 81). Auch wenn es den Herstellern gelang, die notwendige Menge durch raffinierte Dosiertechniken bei der Herstellung zu verringern – ausgediente Lampen mit Quecksilber sind Sondermüll. Aber auch sie lassen sich teilweise recyceln.
Die Arbeitsgemeinschaft Lampenverwertung (AGLV) unterscheidet bei der Wiederaufbereitung zwischen Shreddern sowie Zerlegen nach dem Kappen-Trenn-Verfahren. Mit ersterem lassen sich nicht nur alle Lampentypen, sondern auch Glasbruch oder Produktionsabfälle verarbeiten. Ein Brechersystem zerkleinert die Lampen und anschließend teilt eine Siebmaschine den Bruch in drei Korngrößen auf. Die erste Fraktion (größer als acht Millimeter) besteht aus den Aluminiumkappen. Die Glasfraktion mit Korngrößen von etwa fünf Millimeter wird nach zweifachem Absieben der Leuchtstoffe direkt abgefüllt und kann zum Beispiel in Glasbausteinen oder Isolierglaswolle wieder eingesetzt werden. Abgesiebtes Leuchtstoffpulver und Glasstaub (kleiner als ein Millimeter) bilden schließlich den dritten Teilbruch, der sich durch Vakuumdestillation vom Quecksilber befreien lässt. Der Rest wird als Sonderabfall entsorgt.
Beim Kappen-Trenn-Verfahren werden ausgebrannte stabförmige Leuchtstofflampen zunächst der Länge nach sortiert und die Röhren mit Hilfe eines Lochbrenners belüftet. Dann kann man die Lampenenden – bestehend aus dem Sockel mit Glasfuß, Stromzuführungen und Elektroden – durch Brenner absprengen. Leuchtstoffpulver und Quecksilber werden gemeinsam aus dem nun geöffneten Lampenkolben ausgeblasen. Aktivkohle filtert Quecksilber-Gas heraus, flüssige Anteile landen beim Leuchtstoff. Der Lampenkolben wird mit Druckluft gereinigt, zerbrochen und einem magnetischen Metallabscheider zugeführt, um absolute Metallfreiheit zu gewährleisten. Das jetzt saubere Kolbenglas kann bei der Herstellung von Glasrohren für neue Leuchtstofflampen mit eingesetzt werden. Auch Metalle sowie moderne LUMILUX-Leuchtstoffe, also hochgeglühte Gemische von mit Seltenen Erden aktivierten Leuchtstoffen, lassen sich in der Lampenproduktion erneut verwenden. Dagegen endeten bisher Standardleuchtstoffe, Gläser des Lampenfußes mit Elektroden, Kappen und Gestelle auf der Deponie.
In einem Pilotprojekt versuchen Osram und die norwegisch-schweizerische HAS-Gruppe auch diese Reststoffe zu nutzen. So werden beispielsweise Bleiglas-Teller des Lampenfußes mit Gestell oder Kappen von stabförmigen Leuchtstoffröhren, aber auch andere quecksilberhaltige Alt-Entladungslampen zunächst feingemahlen, dann Metalle magnetisch abgetrennt und die wesentlich leichteren Kunststoffe weggeblasen. Das übrige Glas und auch anhaftender Leuchtstoff werden bei über 6000 Grad Celsius in einem Argon-Plasmaofen eingeschmolzen und in wasserunlösliche Silikate umgewandelt. Diese wenn auch energieaufwändige Technologie des Verglasens bietet den Vorteil, dass bei so hohen Temperaturen und Ausschluss von Sauerstoff im Schmelzprozess keine Dioxine und Furane entstehen. Ferner sind Materialunterschiede nicht mehr relevant, denn bei einer solchen Hitze schmilzt einfach alles.
Das verglaste Material können Baufirmen oder Straßenbauer direkt oder nach Weiterbehandlung zu Schaumglas etwa zur Isolierung oder für den Trassenunterbau verwenden. Dazu wird es granuliert und mit Siliziumpulver versetzt. Im Hochtemperaturofen bei Temperaturen von bis zu tausend Grad Celsius quellen die Glaspartikel dann schaumig auf. Wer weiß, vielleicht rollen Sie demnächst auf ihrer alten Leuchtstoffröhre in den Urlaub?
Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 2001, Seite 84
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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