Soziale Phobie: Virtuell gegen die Angst
Wer Crystal Dougherty in der virtuellen Realität (VR) trifft, fühlt sich sofort willkommen. Die 48-Stunden-Partys der jungen Frau aus Las Vegas, die sie in »Altspace VR« ausrichtet, sind legendär. »Komm hier an diesen Tisch, wir spielen gerade ein Kartenspiel!«, ruft sie mir zu. Nach einigen Runden führt sie mich durch eine große Glastür hinaus, wo ein atemberaubender digitaler Sternenhimmel wartet. Sie geht in Richtung eines Lagerfeuers, grüßt auf dem Weg hier und da weitere Gäste und setzt sich schließlich ins virtuelle Gras. Was man ihr dabei nicht anmerkt: Dougherty hat eine soziale Angststörung. Im echten Leben fällt es ihr schwer, Leute zu treffen und mit ihnen zu sprechen. Sie beginne dann zu zittern und bekomme Schweißausbrüche, sagt sie. Das sei in der virtuellen Realität wie weggeblasen. »Ich kann hier üben, Menschen nahe zu sein«, so Dougherty. Das habe auch Auswirkungen auf ihr analoges Leben. Dort gehe es ihr nach und nach besser.
Derartige Erfahrung hat nicht nur Dougherty gemacht. Tatsächlich ist die soziale Angststörung eine der wenigen psychischen Erkrankungen, für die es bereits zugelassene virtuelle Behandlungen gibt. In wissenschaftlichen Untersuchungen schnitten sie erstaunlich gut ab. »Expositionstherapie in der virtuellen Realität ist sicher und effektiv«, bestätigt die Psychologin Page Anderson vom Institut für Hirnforschung an der Georgia State University, die seit 1999 zum Thema forscht. In den meisten Fällen sei sie ebenso erfolgreich wie die »analoge« Konfrontationstherapie – die klassische Behandlung für spezifische Phobien, zu denen etwa die Furcht vor Höhen oder Spinnen zählt, aber auch die soziale Angststörung. Betroffene setzen sich dabei genau jenen Situationen aus, vor denen sie sich fürchten. Das Ziel: einen gesunden Umgang mit der Angst erlernen. Im Prinzip also das, was Dougherty bei ihren Partys in der virtuellen Realität macht.
Bei der Konfrontationstherapie geht es allerdings nicht nur darum, dass Patienten sich ihrer Angst stellen. »Sie müssen das auf eine therapeutische Weise tun«, erläutert Anderson…
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