Spektrogramm
Ein Motor ohne Rauch mit Schall
Einen thermo-akustischen Stirlingmotor haben die Physiker Scott Backhaus und Gregory Swift am Los Alamos National Laboratory in New Mexico entwickelt.
Wie bei einem üblichen Stirlingmotor wird auch hier Wärme in Bewegung umgewandelt. Ein thermisches Austauschelement, der Regenerator, erhitzt und kühlt ein Gas im Wechsel und zwingt es zu zyklischer Expansion und Kompression. Doch im Gegensatz zu herkömmlichen Maschinen treibt die Gasbewegung keinen schwingenden Kolben an, sondern generiert eine Schallwelle. Diese breitet sich innerhalb einer ringförmigen Röhre aus, wobei eine kleine Blende einen zirkulierenden Fluß verhindert. Mit 100 Hertz wird die Welle von dort aus in einen Resonator eingespeist und an dessen offenem Ende aufgefangen. Dadurch lassen sich zum Beispiel hochleistungsfähige Lautsprecher anregen oder zur Stromerzeugung Magnete in Spulen bewegen.
Wird umgekehrt die Schallwelle von außen zugeführt, kann deren kinetische Energie genutzt werden, um einem Medium Wärme zu entziehen. So eignen sich akustische Wellen, um Klimaanlagen und Kühlschränke zu betreiben, die keine umweltschädlichen Treibgase benötigen, sondern auf der Basis von Helium funktionieren.
Zwar liegt der Wirkungsgrad des neuen Stirlingmotors mit 30 Prozent vorerst noch an der unteren Grenze gewöhnlicher Motoren, die 25 bis 40 Prozent Effizienz erreichen, doch ein Vorteil des akustischen Motors ist jetzt schon offensichtlich: Weder Reibung noch Verschleiß stören den Betrieb. (Nature, Bd. 399, S. 335)
Klimaarchiv im Ammersee
Verhältnisse von stabilen Sauerstoffisotopen in Schalen von Muschelkrebsen (Ostracoda) aus dem Ammersee liefern ein zehntausend Jahre umfassendes Klimaarchiv mit der hohen zeitlichen Auflösung von etwa zehn Jahren. Die gewonnenen Daten reichen 15000 bis 5500 Jahre zurück und zeigen starke kurzfristige Klimaschwankungen. Durch Vergleich mit Daten aus grönländischen Eisbohrkernen konnte eine deutsch-französisch-isländische Forschergruppe nachweisen, daß die Klimaentwicklung in Grönland und in Mitteleuropa parallel verlief. Als Ursache der Schwankungen vermuten die Wissenschaftler Änderungen der Meereszirkulation, die im Bereich des Nordatlantiks besonders stark ausgeprägt waren. Grund dafür war der Zufluß großer Süßwassermengen von abschmelzenden Gletschern am Ende der letzten Eiszeit. (Science, Bd. 284, S. 1654)
Rechen-Kunst
Einen ungewöhnlichen Weg bei der Analyse abstrakter Kunst beschritten australische Physiker. Sie untersuchten die fraktalen Eigenschaften von Bildern des amerikanischen Künstlers Jackson Pollock (1912–1956).
Seine von Rand zu Rand mit Farbspuren bedeckten Bilder, erstellt mit seiner charakteristischen Technik des spontanen Auftröpfelns (dripping) von Farbe, wurden dafür zunächst eingescannt. Durch die Auszählung der Quadrate in einem immer feinmaschigeren Netz, die einen Teil eines bestimmten Musters enthielten, ließ sich die fraktale Dimension der Bilder ermitteln. Ihr Anwachsen spiegelt die Fortentwicklung von Pollocks Maltechnik wider und läßt eine Datierung und Einschätzung seiner Bilder zu. Für das Bild Alchemy aus dem Jahre 1947 erhielten die Wissenschaftler zum Beispiel eine fraktale Dimension von etwa 1,5. (Nature, Bd. 399, S. 422)
Stoßdämpfer aus Eiweiß
Auf der Suche nach einem festen und dennoch elastischen Stoff hat ein Forscherteam an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara die Schale einer Abalone (Bild oben) genauer untersucht. Obwohl sie im wesentlichen aus Calciumcarbonat besteht, ist sie 3000mal bruchfester als ein Kalkkristall. Dan Morse und seine Kollegen fanden heraus, daß die Belastbarkeit durch eine Art Kleber gewährleistet wird, der die Kristallschichten (Bild rechts) wie Sperrholz zusammenhält. Die Klebemasse besteht aus einem Protein, das aus einzelnen helixförmigen Strukturen, ähnlich Stoßdämpfern, aufgebaut ist. Unter Belastung dehnen sich die Helices, wobei Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den einzelnen Windungen reißen. Läßt die äußere Spannung nach, können sich diese Bindungen regenerieren, so daß das Protein und somit die Schale der Meeresschnecke nicht nachhaltig geschädigt wird. (Nature, Bd. 399, S. 761)
Gelandet auf der Insel der Stabilität
Physikern ist die Herstellung zweier neuer Elemente gelungen. Unter der Leitung von Ken Gregorich und Victor Ninov produzierte ein internationales Forscherteam am Lawrence Berkeley National Laboratory das Element 118. Es verwandelte sich nach etwa einer Millisekunde durch Alpha-Zerfall – der Aussendung eines Helium-Kerns – in das ebenfalls bislang unbekannte Element 116, dessen Lebensdauer sechs Millisekunden beträgt. Trotz des raschen Zerfalls stehen die Ergebnisse in Einklang mit der Vorhersage einer „Insel der Stabilität“ im Bereich des Elements 114.
Das schwerste bekannte Transuran war bisher das an der GSI in Darmstadt erzeugte Element 112. Für die Herstellung der neuen Rekordhalter beschossen die Wissenschaftler Blei 208 mit einem Strahl von Krypton-86-Ionen, die bis auf eine Energie von 449 Millionen Elektronenvolt beschleunigt wurden. Ausschlaggebend für den Erfolg des elf Tage dauernden Experiments war der neu konstruierte gasgefüllte Separator, mit dem sich Kernreaktionen nachweisen lassen, die Produktionsraten von weniger als ein Atom pro Woche aufweisen.
Kein Schlüssel zum Lernen
Die sogenannte Langzeitpotenzierung (LTP) ist offenbar doch nicht, wie bisher angenommen, die Grundlage der Lernfähigkeit. Zu diesem Ergebnis kommen Peter Seeburg, Bert Sakmann und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg. Unter Langzeitpotenzierung versteht man eine verbesserte Reizweiterleitung, hervorgerufen durch kurze elektrische Impulse. Vermittelt wird sie, wie amerikanische Wissenschaftler herausfanden, von einem bestimmten Rezeptorkanal für Glutamat. Das Gen für diesen Rezeptor schalteten die Heidelberger Forscher bei Mäusen aus, um ein Auftreten der LTP zu verhindern.
Erstaunlicherweise blieb die Lernfähigkeit der Tiere davon völlig unbeeinträchtigt – die Mäuse ohne den Rezeptorkanal waren wie ihre normalen Artgenossen nach wenigen Trainingsrunden in der Lage, eine versenkte unsichtbare Insel im Wasserbecken treffsicher zu finden und sie sofort aufzusuchen, wenn sie ins Wasser geworfen wurden. Mit diesen Ergebnissen ist die Diskussion über die Lernmechanismen im Gehirn wieder offen. (Science, Bd. 284, S. 1805 und 1811 / Nature Neuroscience, Bd. 2, 1999)
Ein Kraut gegen Bakterien?
Johanniskraut (Hypericum perforatum), eine traditionelle Heilpflanze bei Hautverletzungen, Neuralgien und leichten Depressionen, besitzt auch antibakterielle Eigenschaften. Das berichten Christoph Schempp und Jan Simon von der Universitäts-Hautklinik Freiburg. Sie wiesen nach, daß ein Inhaltsstoff der Pflanze namens Hyperforin in niedriger Konzentration das Wachstum verschiedener Bakterien hemmt. Besonders wichtig war dabei der Befund, daß Hyperforin auch bei Bakterienstämmen wirkt, welche resistent gegenüber Penicillin und anderen Antibiotika sind. Infektionen durch solche Erreger lassen sich nur sehr schwer behandeln. Laboruntersuchungen ergaben, daß Hyperforin beim Menschen kaum toxische Effekte hat. (Lancet, Bd. 353, S. 2129)
Atomare Hologramme
Ein Blick in die dreidimensionale Struktur eines Cobaltoxid-Kristalls mit einer Auflösung von 0,5 Angström (zehnmilliardstel Meter) gelang jetzt ungarischen Physikern. Gyula Faigel, Miklos Tegze und ihre Kollegen vom Forschungsinstitut für Festkörperphysik in Budapest verbesserten dafür die sogenannte Röntgenstrahl-Holographie. Hierbei erhält man aus dem Interferenzmuster von durchdringender und am Material gestreuter starker Röntgenstrahlung ein dreidimensionales Abbild der Kristallstruktur mit genauer Lage der einzelnen Atome. Die Wissenschaftler konnten die Aufnahmedauer auf wenige Stunden senken. Bei früheren Versuchen wurden bis zu 40 Tage für ein Röntgenstrahl-Hologramm benötigt, das zudem in einigen Richtungen nur eine geringe Auflösung besaß. Physiker hoffen, die Technik soweit zu entwickeln, daß nichtideale Kristallstrukturen oder Proteine abgebildet werden können. (Physical Review Letters, Bd. 82, S. 4847)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 8 / 1999, Seite 24
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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