Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Hinter den Schlagzeilen: "Eine imaginäre Verbindung"

Sie campen vor Konzerthallen, um in der ersten Reihe zu stehen, und checken ­täglich die Facebook-Seite ihrer Stars: jugendliche Fans. Warum tun sie das? Die ­Medienwissenschaftlerin Claudia Wegener fand die Antwort in der bislang größten deutschen Umfrage zum Thema Idole.
Ekstase! Teeniefans bei einem Konzert

"Justin, du inspirierst mich jeden Tag und ich liebe dich von ganzem Herzen", schreibt ein Fan von Justin Bieber auf dessen Facebook-­Seite. Frau Professor Wegener, wie kommt es, dass Prominente ihren Fans so viel bedeuten?

Solche Beiträge drücken zunächst einmal nicht unbedingt tiefergehende Gefühle aus. Manche Facebook-User wollen sich damit vielleicht auch nur als Teil der Fangemeinde zu erkennen geben. Wir haben 1000 Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren über ihr Verhältnis zu Idolen befragt; 25 von ihnen interviewten wir zudem detailliert. Dabei hat sich gezeigt, auf wie viele verschiedene Arten Stars ihnen etwas bedeuten. Manchmal sind sie für die Fans wichtig, weil sich diese mit Gleich­altrigen über das Idol austauschen. Sie wollen zur Fangruppe dazugehören, in der sie dadurch Bestätigung bekommen, dass die anderen einen ähnlichen Geschmack und ähnliche Interessen haben wie sie selbst. Andere wollen sich durch ihr Fan-Sein von ihren Eltern lösen und ihre Grenzen austesten, zum Beispiel indem sie die Musik ihres Stars laut aufdrehen. Wieder ­andere stellen sich vor, das Idol sei eine gute Freundin, mit der sie sich ein spannendes Leben erträumen. Einige überlegen sich auch, wie es wäre, eine Liebesbeziehung mit dem Star zu ­haben, und wie sie sich dann verhalten würden.

Wovon hängt es ab, wie der Fan zu seinem Idol steht?

Jugendliche nutzen ihre Stars, um sich mit für sie relevanten Themen wie beispielsweise Selbstständigkeit, Abgrenzung, Anerkennung oder Sexualität auseinanderzusetzen – je nachdem, was sie gerade beschäftigt. Diese Themen ergeben sich einerseits aus ihrer Entwicklung, andererseits aber auch aus ihrem sozialen und gesellschaftlichen Umfeld und dem, was sie in ihrem Alltag erleben.

Ticken jugendliche Fans anders als Altersgenossen, die kein Idol haben?

Große Unterschiede gibt es da nicht. Laut unse­rer Befragung beschäftigen sich Fans allerdings etwas intensiver mit ihrer eigenen Persönlichkeit und ihren Einstellungen. Außerdem sind ­Jugendliche, die ein Idol haben, kommunikativer, insbesondere mit Blick auf neue Medien. Und sie sind ein wenig leistungsorientierter. Das könnte damit in Verbindung stehen, dass Idole teils als Vorbilder für die eigenen Berufsvorstellungen herangezogen werden. ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wann klingt eine Sprache schön?

Klingt Italienisch wirklich schöner als Deutsch? Sprachen haben für viele Ohren einen unterschiedlichen Klang, dabei gibt es kein wissenschaftliches Maß dafür. Was bedingt also die Schönheit einer Sprache? Außerdem in der aktuellen »Woche«: Rarer Fund aus frühkeltischer Zeit in Baden-Württemberg.

Spektrum - Die Woche – Generation Z wie Zuversicht

Die Shell Jugendstudie 2024 zeigt: Die Generation Z ist trotz Krisen wie Klimawandel und sozialer Ungleichheit politisch interessiert und engagiert. Auch der Friedensnobelpreis an die Nihon Hidankyo erinnert uns daran, wie wichtig es ist, für eine bessere Zukunft einzustehen.

Gehirn&Geist – Junge Menschen in der Krise

Die Zahl der psychischen Diagnosen nahm zuletzt besonders unter Kindern und Jugendlichen dramatisch zu. Woran leiden junge Menschen mehr als früher? Welche Rolle spielen Onlinemedien? Oder hat nur das Bewusstsein für seelische Nöte zugenommen? Daneben berichten wir, wie man Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, was oft mit Ängsten und Aggressionen einhergeht, das Leben erleichtern kann. Diese Krankheit geht oft mit Ängsten und Aggressionen einher, Medikamente helfen da kaum. Der Artikel "Wie »denkt« ChatGPT?" erklärt, welche Konzepte aus der Psychologie und Neurowissenschaft Fachleute nutzen, um zu verstehen, wie eine KI zu ihren Ergebnissen kommt. Außerdem berichten wir über die psychischen Folgen rund um das Thema Transplantation. Betroffene erleben mitunter Angst, Befremden und Schuldgefühle. Deshalb ist es wichtig, sich in der Zeit vor und nach der Operation auch um ihr psychisches Wohlergehen zu kümmern.

  • Quellen

Quellen

Conway, S. (Hg.): Governing Death and Loss: Empowerment, Involvement and Participation. Oxford University Press, Oxford 2011, S.15 – 26

Courbet, D., Fourquet-Courbet M.-P.:When a Celebrity Dies … Social Identity, Uses of Social Media, and the Mourning Process among Fans: The Case of Michael Jackson. In: Celebrity Studies 5, S. 275 – 290, 2014

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hg.): KIM-Studie 2014: Kinder und Medien, Computer und Internet. Stuttgart 2015

Wegener, C.: Identität. In: Vollbrecht, R., Wegener, C. (Hg.): Handbuch Medien-sozialisation. VS, Wiesbaden 2010, S. 55 – 63

Wegener, C.: Medien, Aneignung und Identität. Mediale Bezugspersonen im Alltag jugendlicher Fans. VS, Wiesbaden 2007

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.