Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.
WELT DER WISSENSCHAFT: Veränderliche Sterne: Sterne in Symbiose
Sterne entwickeln sich normalerweise völlig unabhängig voneinander – solange sie einzeln stehen. In engen Doppelsternsystemen verläuft jedoch alles anders. Hier tauschen die Partner Materie aus und beeinflussen sich wechselseitig in ihrer Entwicklung. Die teils heftig und dramatisch ablaufende Wechselwirkung führt zu einer ganzen Palette an unterschiedlichen Arten von veränderlichen Sternen.
Biologen bezeichnen das vorteilhafte Zusammenleben unterschiedlicher Arten als Symbiose. Die beteiligten Individuen profitieren gegenseitig voneinander und bilden gemeinsam eine neue Qualität. In die Astronomie wurde der Begriff im Jahre 1941 durch Paul W. Merrill (1887 – 1961) am Mount Wilson Observatory in Kalifornien eingeführt, um die komplexen, aus Emissions- und Absorptionslinien zusammengesetzten Spektren bestimmter Sterne zu charakterisieren. Das führt auf die Betrachtung von Doppelsternsystemen und erklärt überraschende Besonderheiten, die physisch eng miteinander verbundene Sterne im Hertzsprung-Russell-Diagramm aufweisen können. Der Stern Algol im Sternbild Perseus gehört zweifellos zu den bekanntesten Sternen am Himmel. Er steht für bestimmte Doppelsterne, bei denen sich die Komponenten während ihres Bahnumlaufs periodisch gegenseitig bedecken. Die damit verbundenen Helligkeitsänderungen machen sie zu so genannten Bedeckungsveränderlichen. Der Lichtwechsel kommt allein dadurch zustande, dass der Beobachter zufällig genau in die Bahnebene des Systems blickt; die Ursache liegt also in der räumlichen Orientierung und ist physikalisch eher unspektakulär. Trotzdem hielt das Algolsystem eine große Überraschung bereit und gibt immer noch Rätsel auf: Wie sich vor etwa fünfzig Jahren herausstellte, hat die masseärmere Komponente eine vergleichsweise zu hohe Leuchtkraft und ist, entgegen aller Erfahrung, in ihrer gesamten Entwicklung weiter fortgeschritten als der massereichere Stern. Dieser – die heutige Primärkomponente des Algolsystems – ist vom Spektraltyp B8, befindet sich noch auf der Hauptreihe (bezieht seine Energie also aus der Fusion von Wasserstoff zu Helium) und weist die 3,7-fache Sonnenmasse auf. Der weitaus kühlere Begleiter dagegen fällt in den Bereich der Unterriesen, Spektraltyp K4 mit 0,8 Sonnenmassen. Beide Sterne umkreisen einander mit einer Periode von nur etwa 2,9 Tagen. Die Bahn ist dementsprechend eng, und die Radien der Sterne machen 20 beziehungsweise 25 Prozent der großen Bahnhalbachse von lediglich 14 Sonnenradien aus. Das vermeintlich so wenig interessante Algolsystem zeigt Strahlungsausbrüche sowie Kontinuums- und Linienemission im Röntgen- und Ultraviolettbereich des Spektrums.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben