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Stille: Ruhe bitte!

Im Alltag stehen wir häufig unter Dauerbeschallung. Erst wenn es richtig ruhig ist, spüren wir, wie gut das tut. Auch ­Hirnforscher haben den Nutzen akustischer Auszeiten entdeckt.
Abendliche Stille am See

Haben Sie Lust auf ein kleines Experiment? Dann gehen Sie bitte in die Küche und schalten Sie die Dunst­abzugshaube auf die höchste Stufe. Stellen Sie außerdem das Radio ordentlich laut und drehen Sie den Sender heraus. Holen Sie sich einen Stuhl und machen Sie es sich mit Ihrer »Gehirn&Geist«-Ausgabe bequem. Jetzt können Sie weiterlesen.

Das Rauschen, das gerade nervtötend in Ihre Ohren dringt, ist physikalisch nichts anderes als ein bunter Mix aller möglichen Tonfrequenzen. Anfangs wird es Sie beim Lesen sicher noch stören, aber in Kürze werden Sie sich daran gewöhnt haben.

Vielleicht gehören Sie sogar zu jenen Menschen, die ihre Gedanken unter solcherlei Beschallung besser fokussieren können. Laut Studien profitieren insbesondere Personen mit Hyperakusis von einem Hintergrundrauschen. Die Betroffenen sind übermäßig geräuschempfindlich, jedes Knacken und Knarzen lässt sie hochschrecken. Das Tongemisch kann solche unangenehmen Klänge überdecken.

Online-Shops haben sogar passende Geräte im Angebot: So genannte White-Noise-Generatoren oder auch Noiser sind eigens dazu da, das Gehör mit einem konstanten Rauschen zu fluten. Ursprünglich wurden sie zur begleitenden Behandlung von Tinnitus entwickelt, doch inzwischen kaufen immer mehr Menschen solche Geräte zum Einschlafen, konzentrierten Arbeiten oder einfach nur zum Entspannen.

Aber tun wir uns wirklich einen Gefallen damit, unser Gehirn dauerhaft zu beschallen? Im Alltag prasseln pausenlos Geräusche auf uns ein, sei es Musik beim Einkaufen, brummende Elektrogeräte oder Autolärm. Oft nehmen wir sie gar nicht mehr wahr, weil wir uns so sehr an sie gewöhnt haben. Erst, wenn es absolut still ist, fällt uns auf, wie befreiend das sein kann – beim Spaziergang durch eine verschneite Winterlandschaft etwa, an einem nebelverhangenen See oder abends auf dem Sofa, wenn die Kinder endlich schlafen.

Dass Lärm auf Dauer krank machen kann, wissen Forscher schon lange. So belegen zahlreiche Studien den Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dauerlärm an Flughäfen oder Autobahnen. 1972 verabschiedeten die USA deshalb ein Lärmschutzgesetz, nach dem alle Amerikaner ohne gesundheitsschädliche Beschallung leben können sollen. Ob das in Zeiten zunehmenden Reise- und Warenverkehrs tatsächlich umsetzbar ist, bleibt allerdings fraglich. In Deutschland ist der Lärmschutz durch verschiedene Verordnungen geregelt, unter anderem durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz.

Unser Gehirn reagiert sehr prompt auf Geräusche, und das sogar im Schlaf, wenn das Bewusstsein pausiert. Ungewohnter oder potenziell belastender Lärm aktiviert die Amygdala – ein Kerngebiet tief im Schläfenlappen, das bei Angst und anderen negativen Emotionen »anspringt«. Über die Hypothalamus-Hypophysen-­Nebennieren-Achse wird schließlich das Stresssystem des Körpers eingeschaltet, das große Mengen Kortisol ins Blut schwemmt. Das Hormon signalisiert dem Körper: Achtung, Gefahr droht ...

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  • Quellen

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Feinstein, S. F. et al.: Examining the short-term anxiolytic and antidepressant effect of Floatation-REST. PLoS ONE 13, 2018

Goines, L., Hagler L.: Noise pollution: A modern plague. Southern Medical Journal 100, 2007

Golchert, J. et al.: Individual variation in intentionality in the mind-wandering state is reflected in the integration of the default-mode, fronto-parietal, and limbic networks. Neuroimage 146, 2016

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Ohly, H. et al.: Attention restoration theory: a systematic review of the attention restoration potential of exposure to natural environments. Journal of Toxicology and Environmental Health 19, 2016

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Scholl, B. et al.: Nonoverlapping sets of synapses drive on responses and off responses in auditory cortex. Neuron 65, 2010

Spreng, M.: Possible health effects of noise induced cortisol increase. Noise Health 2, 2000

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