Forschungsmethoden: "Man kann die Psychologie als Vorreiter sehen"
Wenn sich in der jüngeren Geschichte der Psychologie ein Wendepunkt ausmachen lässt, ist es wohl das Jahr 2011. Im September stellte sich heraus, dass der niederländische Sozialpsychologe Diederik Stapel – bis dahin ein respektierter und oft zitierter Forscher – sich groben wissenschaftlichen Fehlverhaltens schuldig gemacht hatte: Er hatte regelmäßig ganze Datensätze erfunden, um seine Theorien zu belegen. Bis heute mussten mehr als 58 seiner Veröffentlichungen zurückgezogen werden, darunter auch viele in angesehenen Fachzeitschriften, die ein großes Medienecho gefunden hatten.
Die Affäre Stapel war ein Paukenschlag, sein Fall extrem. Doch im Oktober desselben Jahres veröffentlichten Psychologen um Joseph Simmons von der University of Pennsylvania eine Analyse, die aufzeigte, wie leicht sich durch fragwürdige, aber verbreitete Forschungsmethoden alles Mögliche belegen lässt. Wer etwa über Kopfhörer den Beatles-Song "When I'm sixty-four" hörte, gab anschließend laut den Daten der Wissenschaftler ein jüngeres Alter zu Protokoll als Teilnehmer, die einem unbekannten Instrumentalstück gelauscht hatten!
Einer der Tricks, so Simmons und Kollegen, sei es, schon während der Datensammlung immer wieder zu prüfen, ob man bereits signifikante, also statistisch bedeutsame Ergebnisse habe – und wenn das der Fall sei, die Erhebung zu stoppen. Eine 2012 veröffentlichte Umfrage unter mehr als 2000 Psychologen ergab, dass immerhin ein Fünftel der Forscher schon einmal so vorgegangen war. Andere Techniken erwiesen sich als noch weitaus verbreiteter: etwa jene, nur über erwartungsgemäß verlaufene Studien zu berichten, einzelne experimentelle Manipulationen zu vernachlässigen oder Teile des Datenmaterials nicht in die Berechnung einfließen zu lassen, um bessere Ergebnisse zu erhalten ...
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