Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Ethik: Der feine Unterschied zwischen Mensch und Tier

Was macht den Menschen aus? Darüber diskutieren die Primatologin Julia Fischer, der Philosoph Kurt Bayertz und die Entwicklungspsychologin Patricia Kanngießer.
Ein Mensch gibt einem Affen die Hand.

Frau Professor Fischer, Sie haben jahrelang Berberaffen und Paviane in freier Wildbahn beobach­tet. Wie viel Affe steckt in uns Menschen?

Julia Fischer: Das kann man prozentual nicht beantworten, denn es kommt darauf an, was man sich anschaut. Bei bestimmten Zelltypen gibt es große Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Affen. Wenn Sie aber geistige Fähigkeiten wie etwa Sprache betrachten, finden Sie große Unterschiede. In den letzten Jahrzehnten haben wir Wissenschaftler verstärkt nach den Ähnlichkeiten gesucht. Und wenn wir dann etwas Passendes entdeckten, wurde das weiterverfolgt – gefundene Unterschiede jedoch nicht. Hier liegt ein generelles Problem in der Wissenschaft vor: Was passt, wird publiziert, der Rest kommt in die Schublade. Wenn herauskommt, der Affe oder die Krähe kann etwas, was zuvor dem Menschen vorbehalten schien, kommt das mit großem Bohei in die Medien, und alle finden das toll. Schwieriger wird es, wenn die Affen oder Krähen etwas nicht können. Das will eigentlich niemand so genau wissen und wird erst gar nicht veröffentlicht.

Sehen Sie diese Schieflage auch bei der Erforschung von Sprachfähigkeit?

Fischer: Ja. Hier gab einen großen Hype in den 1980er Jahren. Da wurden Gegrunze und Schreie als Wörter bezeichnet. Das hat aber mit Sprache nichts zu tun, denn es erfüllt nicht die elementarsten Kriterien, die wir an Sprachfähigkeit anlegen, wie etwa Lernen. Inzwischen schauen wir etwas skeptischer auf die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Tier und nehmen die Unterschiede wieder stärker in den Blick. Und das finde ich auch sehr spannend.

Herr Professor Bayertz, laut Beobachtungen von Verhaltensforschern benutzen Hühner unterschied­liche Laute etwa für die Anwesenheit von Futter oder Raubfeinden. Kann man eine solch differenzier­te Kommunikation schon als Sprache bezeichnen?

Kurt Bayertz: Nein. Man muss sich klarmachen, was eine menschliche Sprache ausmacht ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Primaten

Schimpansen, Bonobos und Co. sind uns sehr ähnlich. Auch sie verständigen sich über komplexe Sprachsysteme und kommen sogar in die Wechseljahre. Oft übersehen wir aber, dass der Mensch selbst nur ein Primat von vielen ist und von ihnen in Sachen Kommunikation und Toleranz noch einiges lernen kann.

Gehirn&Geist – Kognition - Wie das Denken erwachte

Können völlig verschiedene Gehirne eine ähnliche Kognition erzeugen? Der Biopsychologe Onur Güntürkün erforscht, wie komplexes Denken im Lauf der Evolution entstanden ist und spricht im Interview über Fehlannahmen in der Entwicklung der Kognition bei Menschen und Tieren. Daneben berichten wir über das Problem, wenn gesunde Ernährung zwanghaft wird. Lesen Sie, wie diese so genannte Orthorexie entsteht und was hilft, ihr vorzubeugen. »Wege aus der Einsamkeit« zeigt, welche Maßnahmen dabei helfen können, sich weniger einsam zu fühlen; dabei setzt die effektivste Strategie an den eigenen Gedanken an. Im Artikel zum Thema Körperbild geht es um, die nicht selten auftretende Fehlwahrnehmung des eigenen Körpers, wann ein verzerrtes Körperbild schadet und wie es korrigiert werden kann. Die gesellschaftlichen Folgen von Glücksspielsucht sind erheblich, gleichzeitig nimmt der deutsche Staat mit Glücksspiel Milliarden ein. Im Interview erklärt der Psychologe Tobias Hayer, warum die Politik endlich eingreifen sollte.

Spektrum Psychologie – Tabus in der Psychologie

Tabuthemen in der Psychologie – gibt es das wirklich? Die aktuelle Titelgeschichte berichtet über heikle Wahrheiten, Anfeindungen und Selbstzensur. Außerdem geht es in dieser Ausgabe um die richtige Kleiderwahl, den populären Myers-Briggs-Test und eine verrufene Lernmethode.

  • Literaturtipps

Bayertz, K.: Der aufrechte Gang. Eine Geschichte des anthropologischen Denkens. C. H. Beck, München 2013
Kurt Bayertz' Opus magnum analysiert die alte Frage nach der Sonderstellung des Menschen.

Fischer, J.: Affengesellschaft. Suhrkamp, Berlin 2012
Julia Fischer zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Mensch und Affe.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.