Synthesechemie: Strom, Marsch!
Einer der elegantesten und effizientesten Wege, ein komplexes organisches Molekül aufzubauen, stammt aus der Natur: die Herstellung der Terpene. Sie beginnt mit wenigen, verblüffend einfachen Ausgangsstoffen wie Isopentenylpyrophosphat und reiht sie zu einem so genannten Polyolefin-Vorläufer aneinander. Dann setzt eine Kaskadenreaktion ein, bei der Enzyme die Kohlenstoffatome des langen Moleküls an den richtigen Stellen zu Ringen verknüpfen und so ein komplexes dreidimensionales Gebilde aufbauen.
Seit fast 100 Jahren gilt die Terpenbiosynthese als Referenz, an der synthetische organische Chemiker ihr Können messen. So auch Phil Baran vom kalifornischen Scripps Research Institute. Seine Gruppe hat jetzt einen ungewöhnlichen Versuch unternommen, um Verbindungen ähnlich ausgefeilt herzustellen wie Enzyme. Dazu benutzte sie ein Werkzeug, das die meisten Fachleute in dem Bereich meiden: elektrischen Strom.
Viele bisherige Ansätze konzentrierten sich darauf, die Polyzyklisierung zu perfektionieren – die raffinierte Ausbildung des Ringsystems aus einem gegebenen Polyolefin-Vorläufer. Dabei erhält man schlussendlich eine maßgeschneiderte Route zu einem bestimmten Molekül. Phil Barans Team hatte jedoch etwas anderes im Sinn: Es suchte nach einem Weg, bereits den Polyolefin-Vorläufer aus einfachen Bausteinen modular zusammenzusetzen. Die kleinen Moleküle müssten sich unter Abspaltung von CO2 leicht aneinanderknüpfen lassen, so ihre Idee. Für diese Decarboxylierung, wie die Reaktion in der Fachsprache heißt, wollten sie allgemeine Bedingungen finden, so dass sich durch die Variation der Ausgangsstoffe eine Vielfalt an Terpenen erzeugen ließe. Statt einer maßgeschneiderten Route für einen speziellen Naturstoff würden sie so einen breiten Zugang zu einer ganzen Stoffklasse schaffen.
Das erwies sich als äußerst knifflig …
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