TASTSINN: Das Geheimnis des Fingerspitzengefühls
Die Instruktion scheint denkbar einfach: Die Versuchsperson soll ein Streichholz aus der Schachtel nehmen und anzünden. Nach fünf Sekunden ist die Aufgabe erledigt. Doch nun erhöht der Versuchsleiter den Schwierigkeitsgrad. Er injiziert mit einer feinen Nadel ein Betäubungsmittel in Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Die Substanz blockiert die Tastsinneszellen auf den Fingerspitzen der Probandin. Beim zweiten Versuch stellt sich die junge Frau ziemlich unbeholfen an. Immer wieder fallen ihr die Hölzchen aus den Fingern. Erst eine halbe Minute und etliche Versuche später gelingt es ihr, eines in Brand zu setzen.
Die Szene stammt aus einem Video des schwedischen Psychologen Roland Johansson, das im Jahr 1979 zu einem einzigen Zweck entstand: Es sollte demonstrieren, wie wichtig Berührungsempfindungen für viele alltägliche Handlungen sind – meist, ohne dass wir uns dessen bewusst wären.
Der Tastsinn ist unser entwicklungsgeschichtlich ältester Sinn, die Haut unser größtes Sinnesorgan. Fast 20 Prozent des Körpergewichts entfallen auf sie. In jeder Sekunde melden Millionen von Sinneszellen – ihre genau Zahl ist noch unbekannt –, ob wir festen Boden unter den Füßen haben, ob Wind durch unser Haar streicht oder unsere Fingerspitze gerade auf einen Knopf gedrückt hat. Nur daher wissen wir überhaupt, wo unser Körper endet und die Umwelt anfängt.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben