Theoretische Biologie: Mathematik des Federkleids
»Und nach langer Zeit, weil sie halb im Schatten und halb in der Sonne standen, und wegen der flimmer-flackernden Schatten der Bäume, die auf sie fielen, wurde die Giraffe fleckig und das Zebra streifig.« Mit diesen Worten beschrieb 1902 der britische Schriftsteller Rudyard Kipling (1865-1936) in seinen »Genau-so-Geschichten«, wie die unterschiedliche Pigmentierung der Savannentiere wohl entstanden sein könnten. Wenngleich solche Poesie nicht die biologische Realität widerspiegelt, so verdeutlicht sie doch eine universelle Faszination für solche natürlichen Muster.
Egal ob es sich um die Verteilung von Farben, Haaren und Federn, um die Konturen von Antennen, Hörnern und Schnäbeln oder um die Form von Pfoten, Zähnen und Schneckenhäusern handelt – all jene im Lauf der Evolution entstandenen Muster spielen meistens eine überlebensnotwendige Rolle für die entsprechenden Tiere. Der Mensch beobachtet diese Kunstformen der Natur schon lange und versucht, sie nachzubilden – etwa an den Wänden der eiszeitlichen Höhle von Lascaux – sowie ihre Entstehung zu verstehen.
Bis vor Kurzem beschränkte sich unser Verständnis der beteiligten Mechanismen auf zwei sich scheinbar widersprechende mathematische Theorien, die im 20. Jahrhundert aufgestellt wurden. Fortschritte in der Embryonalbiologie sowie der Genetik konnten in den letzten Jahren nicht nur die Existenz der beiden Mechanismen bestätigen, sondern auch aufzeigen, dass deren räumliche und zeitliche Kombination für die Präzision der Musterungen sorgt und somit zu ihrer Evolution beiträgt.
Als Muster bezeichnet man eine sichtbare Ordnung in der räumlichen Verteilung von Elementen innerhalb eines Systems …
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