Direkt zum Inhalt

Traumata: Den Schreck in Worte fassen

Manche Unfallopfer leiden noch Jahre später unter quälenden Erinnerungen an den Crash. Das Erlebte aufzuschreiben, kann helfen – sofern die Betroffenen dabei ihre Gefühle zulassen.

Jeden Tag trifft es Tausende von Menschen. Im Jahr 2016 krachte es allein auf deutschen Straßen knapp 2,6 Millionen Mal. Mehr als 3000 Menschen starben, rund 400 000 wurden verletzt. Einem Teil von ihnen sitzt der Schreck noch lange in den Gliedern. Sie sind angespannt, leicht reizbar, und viele vermeiden es, Auto zu fahren. Denn besonders dabei drängen die Erinnerungen an den Unfall wieder und wieder ins Bewusstsein. Jeder hohe Ton erinnert an die quietschenden Reifen unmittelbar vor dem Aufprall; die Todesangst kommt zurück, häufig auch nachts in Form von Albträumen. Das Trauma hat sich tief ins Gedächtnis eingegraben. Eine solche Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) geht per Definition auf ein außergewöhnlich belastendes Ereignis zurück. In Deutschland machen zwei von drei Menschen im Lauf ihres Lebens mindestens eine Erfahrung dieser Art; in den USA sogar vier von fünf. Viele Betroffene entwickeln zusätzlich Depressionen, psychosomatische Beschwerden oder eine Sucht, etwa wenn sie die Flashbacks mit Alkohol zu dämpfen versuchen.

Ob eine PTBS entsteht, hängt zum einen von der ­seelischen Widerstandskraft der Betroffenen ab. Zum anderen sind manche Traumata besonders schwer zu verarbeiten, vor allem wenn es sich nicht um höhere Gewalt wie einen Unfall oder eine Naturkatastrophe handelt, sondern ein anderer Mensch absichtlich Gewalt ausübte und sich das Opfer hilflos ausgeliefert fühlte. Im Fall von Folter oder Vergewaltigung ist die Wahrscheinlichkeit, eine PTBS zu entwickeln, mit mehr als 50 Prozent entsprechend am höchsten. Auch unter mehrfach traumatisierten Kriegsveteranen, denen sich seit jeher ein Großteil der PTBS-Forscher in den USA widmet, erkranken besonders viele. Dasselbe gilt für Missbrauch, Misshandlung und andere wiederkehrende traumatische Umstände in der Kindheit ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Unwahrscheinlich tödlich

Die Gefahren des Alltags mögen klein wirken – und werden doch schnell unwahrscheinlich tödlich. Skurrile Todesfälle sind nicht nur etwas für Gruselfans, sondern lehren auch, welche Putzmittel nicht vermischt werden sollten, wie man Reis gefahrlos lagert und wie viel Lakritze einem das Leben kostet.

Spektrum Gesundheit – Stress im Ohr – Wie Tinnitus entsteht und Naturklänge uns entspannen

Die neuesten Ansätze zur Therapie von Tinnitus und warum die Klänge von Vogelgezwitscher, plätscherndem Wasser und Blätterrauschen wie eine Antistresskur auf uns wirken. Außerdem in »Spektrum Gesundheit«: Impfung gegen Krebs + Wie Nasenspray wirkt + Verletzungsrisiken bei vaginalen Geburten

Spektrum Kompakt – Depressionen

Mit ihren zahllosen Erscheinungsformen sowie Ursachen kann sich eine Depression auch hinter körperlichen Symptomen verstecken und Betroffene in vielen Lebensbereichen beeinflussen. Doch welche Therapie ist die passende? Und für wen lohnt es sich, experimentelle Verfahren wahrzunehmen?

  • Quellen

Cusack, K. et al.: Psychological Treatments for Adults with Posttraumatic Stress Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis.In: Clinical Psychology Review 43, S. 128-141, 2016

Ehring, T. et al.: Meta-analysis of psychological treatments for posttraumatic stress disorder in adult survivors of childhood abuse.In: Clinical Psychology Review 34, S. 645–657, 2014

Frommberger, U. et al.: Posttraumatische Belastungsstörung – eine diagnostische und therapeutische Herausforderung.In: Deutsches Ärzteblatt 111, S. 59-65, 2014

Haagen, J.F.G. et al.: The Efficacy of Recommended Treatments for Veterans with PTSD: A Metaregression Analysis.In: Clinical Psychology Review 40, S. 184-194, 2015

Pennebaker, J.W. et al.: Disclosure of traumas and immune function: Health implications for psychotherapy. In: Journal of Consulting and Clinical Psychology 56, S. 239-245, 1988

Pennebaker, J.W., Susman, J.R.: Disclosure of Traumas and Psychosomatic Processes.In: Social Science & Medicine 26, S. 327-332, 1988

Pennebaker, J.W.: Putting stress into words: Health, linguistic, and therapeutic implications.In: Behaviour Research and Therapy 31, S. 539-548, 1993

Sloan, D. M. et al.: Written exposure as an intervention for PTSD: A randomized controlled trial with motor vehicle accident survivors.In: Behaviour Research and Therapy, 50, S. 627-635, 2012

Stein et al.: Post-traumatic stress disorder associated with life-threatening motor vehicle collisions in the WHO World Mental Health SurveysBMC Psychiatry (2016) 16:257 DOI 10.1186/s12888-016-0957-8

Wisco, B.E. et al.: Mechanisms of Change in Written Exposure Treatment of Posttraumatic Stress Disorder.In: Behavior Therapy 47, S. 66-74, 2016

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.