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Tiefsee. Die großen Expeditionen in der Welt der ewigen Finsternis.

Aus dem Amerikanischen von Ralf Friese. Herbig, München 1998. 239 Seiten, DM 58,–.


Die Tiefsee – mit über 60 Prozent der Erdoberfläche der größte Lebensraum unseres Planeten – ist eine noch weitgehend unentdeckte Region, und dies, obgleich seit der ersten wirklichen Tieftauchfahrt (in 427 Meter Wassertiefe) von William Beebe und Otis Barton am 11. Juni 1930 enorme technische und wissenschaftliche Fortschritte erzielt wurden. Robert D. Ballard, der selbst an zahlreichen Tauchexpeditionen und neuen Entdeckungen mitgewirkt hat und entscheidend die Wiederauffindung der "Titanic" vorantrieb, beschreibt in seinem Buch die Eroberung der Tiefsee durch bemannte und unbemannte Tauchboote mitsamt den zugehörigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der an einem Kabel hängenden Bathysphäre des Meeresbiologen William Beebe folgten die freibeweglichen Bathyskaphen wie die "Trieste" und Tauchboote wie die "Soucoupe" von Jacques Cousteau; neuerdings sind Tauchroboter (ROVs: remotely operated vehicles) am Grunde der Tiefsee unterwegs.

Ballard ist es gelungen, Wissen auf eine verständliche Art in seinem als Erzählung gehaltenen Buch zu vermitteln. Er taucht mit dem Leser an die Oasen der Tiefsee – die heißen Hydrothermalquellen entlang der mittelozeanischen Rücken –, läßt Lavaseen entstehen, schwarze Raucher sulfidische Erze ausspucken und berichtet von der chemosynthetischen Symbiose großer Röhrenwürmer oder der Riesenmuschel Calyptogena magnifica mit Bakterien. Ballard zeichnet nach, wie Tieftauchrekorde aufgestellt werden; er läßt den Leser die Entwicklung des amerikanischen Tieftauchbootes "Alvin" miterleben und berichtet auch von katastrophal endenden Taucheinsätzen.

Trotz des großen Formates enttäuscht das Buch zuweilen durch die Qualität der Bilder. Diese sind im amerikanischen Original ("Explorations: My Quest for Adventures and Discovery Under the Sea"; Hyperion 1995) deutlich besser. Doch gewährt die üppige Bebilderung einen sehr guten Einblick in das Reich der ewigen Finsternis der Tiefsee, der erst 1977 – acht Jahre nach der Mondlandung – der Beweis für die von Alfred Wegener seit 1912 immer wieder postulierte Kontinentalverschiebung zu entlocken war.


Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 1999, Seite 121
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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