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Totenkult I: »Möge dir die Erde leicht sein«

Tod und Erinnerung hingen für die Römer eng zusammen. Denn noch mehr als das Sterben selbst fürchteten sie, von der Nachwelt vergessen zu werden. Das verraten ihre Bestattungsbräuche.
Gräberstraße in Pompeji

"Wundern wir uns wirklich darüber, dass der Mensch stirbt, wenn der Tod schon Steinen und Namen nachstellt?", grübelte der Dichter Ausonius im 4. Jahrhundert n. Chr. Ein verwitterter Grabstein hatte ihn nachdenklich gemacht. Dessen Inschrift sollte den Verstorbenen den Menschen im Gedächtnis halten, doch war sie kaum mehr zu entziffern, bloß noch eine Ansammlung von Strichen und Kerben ohne erkennbaren Zusammenhang. Ein "L" glaubte Ausonius zu lesen, vermutlich für den Vornamen Lucius. Dann war da noch ein "M", doch ob das für Marcus, Marcius oder Metellus stand, vermochte Ausonius nicht zu sagen.

Erinnern und Vergessen, Tod und Vergänglichkeit haben die Menschen zu allen Zeiten beschäftigt. Jede Gesellschaft fand und findet ihre eigenen Wege, damit umzugehen, sei es durch Rituale, Mythen oder wissenschaftliche Erklärungen. Dabei bewegt sie sich immer innerhalb "sozialer Rahmungen", wie Matthias Meitzler betont, der an der Universität Duisburg-Essen zur Soziologie des Sterbens forscht. Mit anderen Worten: Der Tod ist keine reine Privatangelegenheit. Wie Menschen mit dem Sterben umgehen, verrät viel darüber, wie ihre jeweilige Gesellschaft funktioniert. Deren Kodes geben den Spielraum vor, innerhalb dessen dann auch individuelle Varianten möglich sind.

Wie diese Rahmungen in der römischen Antike aussahen und wie die Römer sich den Themen Tod und Vergänglichkeit näherten, erfahren wir aus der Literatur und Philosophie, aus Mythologie und Religion, aber auch durch Kunst, Architektur und Grabkult. Ein monumentales Denkmal etwa, das einen Platz im öffentlichen Raum besetzte, verkörperte den Anspruch, ein historisches Ereignis auch dann noch im kollektiven Bewusstsein lebendig zu halten, wenn es für den Alltag nicht mehr relevant war. Römische Dichter sahen ihr Schaffen als einen Schlüssel zu ewigem Ruhm. Und mythische Erzählungen von einem jenseitigen Leben konnten ebenso Trost und Zuversicht spenden wie philosophische Lehren, die gerade im Sterben die endgültige Befreiung von jedem Schmerz sahen. ...

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  • Quellen

Carroll, M., Rempel, J. (Hg.): Living through the Dead. Burial and Commemoration in the Classical World. Oxbow Books, Oxford 2011

Morris, I.: Death-Ritual and Social Structure in Classical Antiquity. Cambridge University Press, Cambridge 1992

Schrumpf, S.: Bestattung und Bestattungswesen im Römischen Reich. Ablauf, soziale Dimension und ökonomische Bedeutung der Totenfürsorge im lateinischen Westen. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen 2006

Toynbee, J. M. C.: Death and Burial in the Roman World, Cornell University Press, Ithaca, New York 1971

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