Biophysik: Die schnellsten Bewegungen von Lebewesen
Als ich erstmals damit begann, Clown-Fangschreckenkrebse (Odontodactylus scyllarus) zu beobachten, arbeitete ich noch als Postdoc an der University of California in Berkeley, USA. Diese farbenprächtigen Krebstiere (Crustacea) leben räuberisch. Sie besitzen zwei keulenförmige Extremitäten, die so genannten Fangbeine, mit denen sie Schneckengehäuse zertrümmern, um an die Tiere darin zu kommen. Es hat mich von Anfang an fasziniert, ihnen dabei zuzusehen.
Ein Clown-Fangschreckenkrebs untersucht die Schnecke zunächst und bringt sie durch Anstupsen in die richtige Position. Dann berührt er sie mit seinen Antennen, möglicherweise um die Distanz abzuschätzen und ein Gefühl für die Oberfläche ihres Gehäuses zu bekommen. Nun hält er kurz inne, als hole er tief Luft – und schlägt zu. Der Hieb selbst ist nicht sichtbar, da zu schnell für das bloße Auge. Aber es ertönt ein Knall, und anschließend liegen Gehäusebruchstücke herum, die eben noch nicht da waren. Sodann geht es von vorn los: untersuchen, positionieren, befühlen, "Atemholen" und schließlich das Knallgeräusch. Ruhe kehrt im Aquarium erst ein, wenn der Fangschreckenkrebs die Schnecke ihres Schutzes beraubt hat und sich daran macht, sie zu verspeisen.
Während der ersten Male, als ich das mit ansah, ahnte ich bereits, dass hier enorme Kräfte und Beschleunigungen walten – auch wenn mir nicht bewusst war, Zeuge einer der weltweit schnellsten Bewegungen von Lebewesen zu sein. Um die Schläge der Fangschreckenkrebse sichtbar zu machen und zu vermessen, trieb ich nach mühsamer Suche ein bildgebendes System auf, das mit höchster Geschwindigkeit arbeitet und Bewegungen in extrem hoher Zeitauflösung abbildet. Damit filmte ich die Tiere, während sie Schneckengehäuse aufbrachen, und sah mir die Videos anschließend in Zeitlupe an. Die Aufnahmen waren so verblüffend, dass mir sofort klar wurde, hier auf etwas Bemerkenswertes gestoßen zu sein. ...
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