Illusionen : Mit den Augen eines Vogels
Ein endlos langer Gang und an seinem Ende eine riesige Statue – so nimmt ein Tourist die mit Säulen geschmückte Galerie im Innenhof des römischen Palazzo Spada wahr. Doch er täuscht sich. Dieses Meisterwerk des Architekten Francesco Borromini (1599-1667) gilt als faszinierendes Paradebeispiel für die perspektivische Bauweise des Barock. Eine Reihe von Tricks ziehen den nur neun Meter langen Korridor optisch in die Länge und lassen die Standfigur übergroß erscheinen: Borromini hat nach hinten hin den Gang schmaler und die Säulen kleiner angelegt, den Boden angehoben sowie die Decke abgesenkt.
Was aber kaum ein Besucher, der die Genialität des Erbauers bewundert, ahnt: Vögel können das auch. Laubenvogelmännchen der Art Ptilonorhynchus nuchalis arrangieren Objekte vor ihrer Laube so, dass eine ganz ähnliche perspektivische Täuschung entsteht: Kleine Steine kommen an den Eingang, größere werden weiter entfernt platziert, wie 2010 ein Team um John Endler von der Deakin University im australischen Geelong beobachtete. So wirkt das vor seinem Balzplatz stehende Männchen für ein herannahendes Weibchen beeindruckend groß. Das ist in doppelter Hinsicht erstaunlich. Zum einen sagt es etwas darüber aus, zu welch komplexem Verhalten Vögel in der Lage sind. Es zeigt aber auch, dass sie, genau wie wir Menschen, auf optische Täuschungen hereinfallen.
Dass wir diesen Illusionen erliegen, ist keinesfalls ein Manko des Gehirns, sondern vielmehr Ausdruck seiner Stärke ...
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