Verschmutzung des Rheins durch Unfälle
Umfangreiche Maßnahmen zur Verhütung und Begrenzung von Störfällen, durch die der Rhein verunreinigt werden könnte, haben in den letzten Jahren schwerwiegende akute Schadstoffbelastungen von dem wichtigsten europäischen Strom ferngehalten.
Der Rhein wird oft als Lebensader Mitteleuropas beschrieben. Tatsächlich leben und arbeiten in seinem Einzugsgebiet ungefähr 50 Millionen Menschen und sind Tausende von Industriebetrieben angesiedelt, die ihn als Quelle für Trink-, Spül- und Kühlwasser sowie als Produktionshilfsmittel nutzen. Das entstehende Brauchwasser macht im Mittel gut 20 Prozent der Wasserführung aus – bei sehr niedrigem Pegelstand sogar bis zu 65 Prozent. Zudem verkehren täglich mehr als 500 Frachtschiffe auf dem Fluß und transportieren ungefähr 150 Millionen Tonnen Güter pro Jahr. Nach einer Rechnung von Werner Stumm von der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz in Dübendorf ist die Nutzung des Rheins, gemessen als Bruttosozialprodukt im Verhältnis zur Wasserführung, 25mal so groß wie im Weltdurchschnitt der Flüsse, fünfmal so groß wie beim Mississippi und dreimal so groß wie bei der Donau.
Warn- und Alarmdienste
Eine derart intensive Nutzung bringt zwangsläufig Verschmutzung mit sich, sei es vom Lande aus oder durch den Schiffsverkehr. Erst nachdem seit Ende der siebziger Jahre die Dauerbelastung mit kontinuierlich eingeleiteten Schadstoffen stark vermindert worden ist, wurde deutlicher, inwieweit Unglücksfälle, technische Pannen und menschliches Fehlverhalten zur Gewässerverunreinigung beitragen. So hatten sich die niederländischen Wasserwerke (RIWA) in ihren seit 1972 veröffentlichten Jahresberichten zunächst darauf beschränken müssen, von jenen 10 bis 20 größeren Verschmutzungen jährlich zu berichten, die von Schiffsunglücken herrührten und bei denen meist Benzin oder Öl ausfloß.
Im Jahre 1982 einigten sich die Rheinanliegerstaaten in der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins auf einen grenzüberschreitenden Warn- und Alarmdienst (Bild 2); dieser integrierte die schon in den sechziger Jahren eingerichteten nationalen und regionalen Meldesysteme. Im Jahre 1984 wurden die Anweisungen und Unterlagen des Systems neu gefaßt. Beteiligt sind acht internationale Hauptwarnzentralen. Diejenige, auf deren Gebiet sich ein Unfall ereignet hat, gibt die Meldung telephonisch und fernschriftlich an die nächstbetroffenen Zentralen weiter. Dabei unterscheidet man je nach Schwere der Verschmutzung zwischen einer "Information" und einer "Warnung". Ausgelöst wird eine Meldung bei Auffälligkeiten in den Biotest-Screening-Verfahren mit Fischen oder Wasserflöhen oder aber bei Überschreiten bestimmter Konzentrationswerte, auf die man sich inzwischen geeinigt hat (Bild 3). Sobald die Gefahr vorüber ist, wird Entwarnung gegeben.
Seit 1984 gibt es zusätzlich freiwillige Absprachen der Wasserwerke mit Großeinleitern wie den Chemieunternehmen Bayer in Leverkusen und BASF in Ludwigshafen über sofortige Information bei störungsbedingten Verschmutzungen. Seit 1985 schließlich veröffentlicht die Internationale Kommission zum Schutze des Rheins (IKSR) eine Liste der eingegangenen Rhein-Informationen und -Warnungen. Alle Anliegerstaaten steuern dazu ihre Daten bei – die Niederlande allerdings erst seit 1989.
Nachdem die Zahl der Meldungen im Jahre 1989 mit 61 einen Höchststand erreicht hatte, ist sie bis 1992 auf 17 gefallen (Bild 4). Die Liste des Jahres 1991 spiegelt die Palette der möglichen Verschmutzungs-Ursachen wider (Bild 5). Ungefähr zehn Ereignisse gehen alljährlich vom Schiffsverkehr aus. Immer seltener kommt es vor, daß die Ursache einer Verunreinigung nicht aufgeklärt werden kann.
Bedeutung von Störungen
Störungsbedingte Schadstoffeinleitungen wirken zunächst unmittelbar an der Einleitestelle. Leichtflüchtige Stoffe wie Benzin oder chlorierte Kohlenwasserstoffe entweichen relativ rasch und belasten dann die Atmosphäre, wo sie sich relativ schnell verteilen. Adsorbierbare chemische Verbindungen werden vom Schwebstoff festgehalten. Gelangen bei einem Schadensfall allerdings größere Mengen unlöslicher Substanzen in den Rhein, können sie das Flußsediment so stark verunreinigen, daß es entfernt werden muß (Bild 1); sonst würde es sich bis zur nächsten Staustufe fortschleppen und jeweils bei Hochwasser weitergetragen werden.
Für die überregionale Bedeutung von Störungen ist es wichtig, wie stark sich das Flußwasser mit dem eingeleiteten Abwasser mischt. Meist ist die Breite des Flusses viel größer als seine Tiefe. Die mäßige Strömungsgeschwindigkeit reicht dann für eine Verwirbelung nicht aus: Es bilden sich kilometerlange Abwasserfahnen.
So liefern die vier Probenahmestellen der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz an einer Mainzer Rheinbrücke unterschiedliche Meßergebnisse: Die rechtsrheinische Probe enthält die Fahne des Mains und die halbrechte das vom 70 Kilometer oberhalb gelegenen Industrieraum Mannheim geprägte Wasser; die halblinke Probe ist am wenigsten belastet, während die linke von der Ludwigshafener Industrie, darunter der BASF, beeinflußt wird. Erst am Binger Loch vermischen sich die unterschiedlichen Anteile.
Oberhalb der Grenze zu den Niederlanden beträgt die Durchmischungsstrecke sogar mehr als 100 Kilometer. Sie ist damit länger als die Distanz zwischen der Grenze und den Mündungen der rechtsrheinischen Nebenflüsse Lippe, Emscher und Ruhr. So erklären sich die teilweise unterschiedlichen Meßergebnisse der linksrheinischen deutschen Meßstelle Bimmen und der rechtsrheinischen niederländischen Station Lobith. Als die niederländischen Wasserwerke ihre Meßstelle von Tiel rund 50 Kilometer stromaufwärts nach Lobith verlegten, verdoppelte sich zwischen 1982 und 1983 die gemessene mittlere Ammonium-Konzentration nur deshalb von 0,45 auf 0,84 Milligramm pro Liter, weil sich auf einmal die Emscher-Fahne bemerkbar machte.
In diesem Falle muß für Berechnungen der gesamten Schadstoff-Fracht des Stroms also über die rechts- und linksrheinisch gemessenen Werte gemittelt werden. Generell gilt: Um abzuschätzen, wie rasch sich ein punktuell eingeleiteter Schadstoff verdünnt, darf man wegen der begrenzten Durchmischung allenfalls 20 bis 30 Prozent der örtlichen Wasserführung in Rechnung stellen.
Alle bedeutsamen kommunalen und industriellen Einleitungen der Anliegerstaaten werden heute in hochwirksamen, meist mechanisch-biologischen Kläranlagen gereinigt. Auf diese Weise wurden schon 1985 mehr als 80 Prozent der biologisch abbaubaren Stoffe im Abwasser zurückgehalten.
Diese an sich positive Entwicklung hat allerdings auch eine Kehrseite. Weil die Palette der angebotenen Substrate weit weniger reichhaltig geworden ist, hat der Rhein an Selbstreinigungsvermögen eingebüßt. Waren zu Zeiten größter Verschmutzung überall Bakterien jeder Art in genügender Menge vorhanden, so werden inzwischen trotz völlig ausreichenden Sauerstoffgehalts organische Stoffe, die eine spezielle Bakterienflora zum Abbau brauchen, nicht mehr zuverlässig entfernt. Ein typisches Beispiel ist Nitrobenzol, das im Gegensatz zu früher fast vollständig am Niederrhein wiedergefunden wird, wenn es bei einem Störfall in den Mittelrhein gelangt ist.
Zwangsläufig erhöht sich so die Bedeutung plötzlicher, punktueller Belastungen. In der Mengenbilanz spielen sie zwar eine untergeordnete Rolle. So wurden 1990 bei einer mittleren Wasserführung von 1850 Kubikmetern pro Sekunde rund 1000 Tonnen organische Stoffe (500 Tonnen organischer Kohlenstoff) täglich über die deutsch-niederländische Grenze befördert; die bei zwei Schiffsunfällen des Jahres gemeldeten größten unfallbedingten zusätzlichen Belastungen bestanden dagegen nur aus jeweils sieben Tonnen Gasöl, was weniger als 1 Prozent der Grundlast entspricht. Dennoch können solche Ereignisse regional große Bedeutung haben.
Überregionale Fischsterben
Überregionale Verschmutzungen registriert die Öffentlichkeit meist erst, wenn sie ein akutes Fischsterben auslösen. Angesichts der großen Wasserführung des Rheins können allerdings nur besonders toxische Stoffe eine solche Katastrophe auslösen. So vernichteten im Juni 1969 in den Main gelangte Insektizide einen Großteil des Fischbestandes bis zur niederländischen Grenze. Weder die genaue Einleitungsstelle noch der Verursacher konnten damals ermittelt werden.
Ähnlich schwerwiegende Folgen hatte ein Ereignis 17 Jahre später, das sehr große Publizität erlangte: Am 1. November 1986 geriet bei der Firma Sandoz in Schweizerhalle bei Basel ein Lager für Pflanzenschutzmittel in Brand; mit dem Löschwasser wurden 10 bis 30 Tonnen Pestizide – hauptsächlich Phosphorsäureester wie Disulfoton, Thiometon und Etrimphos – in den Rhein gespült.
Die Schadstoffwelle, die bis in die Niederlande analytisch verfolgt wurde, wanderte innerhalb von zwölf Tagen durch den Fluß. Dabei schwächte sie sich in charakteristischer Weise ab und verbreiterte sich (Bild 6). Die Hauptmenge der Schadstoffe blieb auf der linken Rheinseite, an der die Einleitestelle lag. Von Basel bis etwa zur Loreley wurde über 400 Flußkilometer der Aalbestand vollständig vernichtet – insgesamt starben mehrere 100000 Fische. Die Aale waren besonders betroffen, weil sie standortfest sind und Disulfoton, wie sich nachträglich herausstellte, für sie rund zehnmal giftiger ist als für übliche Testfische. Makabrerweise brachte erst die Katastrophe ans Licht, daß infolge von Besatzmaßnahmen die Populationsdichte dieser Fische ungewöhnlich stark angewachsen war.
Im Nahbereich der Unfallstelle bis et-wa zum 40 Kilometer entfernten Neuenburg wurden auch andere Fischarten und Fischnährtiere stark geschädigt. Wirkungen ließen sich bis zum 480 Kilometer rheinabwärts gelegenen Bad Honnef nachweisen. Zum Glück befand sich die Natur zum Zeitpunkt des Unfalls im winterlichen Ruhezustand. So hatte sich der Fluß, mit Ausnahme des Aalbestandes, bereits nach der nächsten Vegetationsperiode biologisch weitgehend erholt.
Trinkwasserschutz
Nach dem Sandoz-Unfall gab es auch starke Befürchtungen, daß die Schadstoffe in das aus dem Rhein gewonne-ne Trinkwasser gelangen und damit die wichtigste Wassernutzung des Stromes gefährden könnten. Alle größeren Wasserwerke verwenden allerdings entweder Uferfiltrat oder führen bei direkter Entnahme eine Vorbehandlung sowie nachträglich eine Bodenpassage durch. Einem eingehenden Forschungsprojekt unter Leitung von Heinrich Sontheimer von der Universität Karlsruhe zufolge, das die Wasserwerke nach dem Unglück bei Sandoz in Auftrag gaben, überwinden Stoßbelastungen selbst eine relativ ufernahe Bodenpassage kaum. Die Wasserentnahme muß also nicht gestoppt werden, und die Trinkwasserqualität hängt praktisch allein von der Dauerbelastung des Flusses ab. Anders verhält es sich bei Wasserwerken wie dem in der niederländischen Stadt Nieuwegein: Dort entnimmt man das Wasser direkt dem Fluß, pumpt es nach einer Vorbehandlung zu den Dünen nördlich von Amsterdam, läßt es im Sand versickern und gewinnt es schließlich aus Brunnen wieder. In solchen Fällen ist es sehr wohl sinnvoll, die Entnahme einzustellen, während die Schadstoffwelle vorbeifließt.
Die meisten Wasserwerke am Rhein verfügen über eine Aktivkohle-Reinigung als zweite Sicherheitsstufe, die im Normalbetrieb organische Inhaltsstoffe des Rohwassers zurückhält. Im Störfall kann sie kurzfristig auch wesentlich höhere Schadstoffgehalte eliminieren.
Überwachung auf Störungen
Der Rhein zählt seit langem zu den am sorgfältigsten kontrollierten Flüssen der Welt. Nach dem Sandoz-Unfall wurde die Überwachung nochmals stark intensiviert und die Meldeschwelle herabgesetzt. Wenn heute praktisch kaum noch Stoßbelastungen unbekannter Herkunft festgestellt werden, ist dies ein deutliches Zeichen für die Wirksamkeit der Eigenüberwachung der Firmen sowie der behördlichen Kontrolle. Dank freimütiger Meldepraxis funktioniert der Warn- und Alarmdienst ausgezeichnet.
Alle größeren Abwassereinleiter haben mit der Einleiteerlaubnis die Auflage zur Eigenüberwachung erhalten. Bei der BASF, dem größten Abwassereinleiter am Rhein, erfolgt diese Überwachung lückenlos rund um die Uhr. Im Kühlwasser werden mit einer kontinuierlichen Kohlenstoff-Analytik auch geringste organische Verschmutzungen (in der Größenordnung von Milligramm pro Liter) binnen weniger Minuten festgestellt und in eine Umweltüberwachungszentrale gemeldet; dort werden sofort Maßnahmen ergriffen, die Verschmutzungsquelle zu ermitteln und auszuschalten. Der Ablauf der Kläranlage wird durch eine spezielle Analysetechnik – in der Fachsprache Headspace-Gaschromatographie genannt – unablässig auf solche Einzelstoffe überwacht, die von einem Stickstoffstrom aus einer Abwasserprobe in die Gasphase überführt werden können. Darunter sind viele Substanzen, von denen man weiß, daß sie in der Kläranlage ungenügend zurückgehalten werden. Die Behörden prüfen die Überwachung und kontrollieren sie durch stichprobenartige eigene Messungen.
Zusätzlich zur Einleiterüberwachung gibt es im gesamten Einzugsgebiet des Flusses kontinuierlich arbeitende nationale und internationale Probenahmestellen, welche unter Berücksichtigung der Durchmischungsverhältnisse und der Grenzen der Staaten sowie der Bundesländer sorgfältig ausgewählt worden sind (Bild 2). Die dort gezogenen Wasserproben dienen zum einen dazu, die Dauerbelastung zu ermitteln und Schadstoff-Frachten zu berechnen. Sie können aber auch mithelfen, plötzliche Schadstoffstöße schnell zu identifizieren. Für diesen Zweck werden rasch ansprechende Biotests und Screening-Verfahren wie kontinuierlich durchflossene Becken mit Fischen oder Wasserflöhen eingesetzt.
Auch die Einzelstoffanalytik im Spurenbereich wird immer weiter ausgebaut; so überwacht das Landesamt für Wasser und Abfall von Nordrhein-Westfalen Proben aus dem Rhein regelmäßig auf mehr als 170 Einzelstoffe. Schließlich verfügen die Wasserbehörden der deutschen Bundesländer am Rhein – Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen – jeweils über ein Forschungsschiff zur mobilen Gewässeruntersuchung. Allein für Deutschland werden die Gesamtkosten der routinemäßigen behördlichen Rhein-Überwachung auf rund 30 Millionen Mark jährlich geschätzt.
Letztes Glied der Überwachungskette ist die Wasserschutzpolizei. Jede der 24 Dienststellen am Rhein verfügt über mindestens zwei Kontrollboote, von denen mit Sicherheit eines im Streifendienst auf dem Fluß ist. Im Verdachtsfalle nehmen die Beamten unverzüglich Ermittlungen auf, um eine Gewässerverschmutzung nachzuweisen und den Verursacher festzustellen.
Schon die Allgegenwart der Kontrollschiffe verhindert viele vorsätzliche oder fahrlässige Verschmutzungen. Schwere Vergehen wie das regelmäßige absichtliche Entleeren von angeblich für Rotterdam bestimmten Schiffen mit Abfall-Schwefelsäure während des Transports, das vor fast 20 Jahren entdeckt und mit einer längeren Gefängnisstrafe für den Schuldigen geahndet wurde, sind in letzter Zeit nicht mehr bekannt geworden. Wenn die Zahl der gemeldeten Vergehen jährlich steigt, so liegt das an der immer besseren Ausbildung der Beamten und der weiter wachsenden allgemeinen Sensibilisierung gegenüber Umweltdelikten. Bei der überwiegenden Mehrzahl der 715 Umweltstraftaten, welche die Wasserschutzpolizei der vier deutschen Bundesländer 1991 registrierte, handelte es sich um Bagatellfälle.
Mit besonderer Sorgfalt wird auch die Radioaktivität überwacht – vor allem im Hinblick auf mögliche Emissionen kerntechnischer Anlagen. Zusätzlich zur Eigenüberwachung der Kraftwerksbetreiber unterhalten die Behörden jeweils eine Meßstelle kurz unterhalb des Einleitungspunktes. Bisher ließ sich kein Einfluß der Anlagen auf die im Rhein gemessene natürliche Radioaktivität nachweisen. Ebensowenig traten kurzzeitige hohe Belastungsspitzen auf, die über dem Eintrag aus natürlichen Radioaktivitätsquellen lagen oder auch nur die geringste Gefahr akuter Gesundheitsschäden heraufbeschworen hätten. Wie empfindlich diese Nachweismethoden sind, zeigt das Reaktorunglück in Tschernobyl im Mai 1986, das sich heute noch in erhöhten Jahresmittelwerten niederschlägt, die allerdings weit unter dem Niveau liegen, bei dem für Mensch oder Ökosystem Schäden zu befürchten wären. Tatsächlich läßt sich jedes einzelne strahlende Molekül erfassen.
Maßnahmen gegen Störungen
Ist ein Schadstoff erst einmal in den Rhein gelangt, läßt er sich kaum noch aufhalten, entfernen oder neutralisieren. Da das Wasser mit einer Geschwindigkeit von mehreren Kilometern pro Stunde dahinfließt, kann man den verunreinigten Wasserkörper nicht ausschöpfen; selbst das Auffangen aufschwimmen- der Stoffe an der Oberfläche ist kaum möglich.
Im Falle einer schwerwiegenden Belastung sind aus ökologischer Sicht die Rheinauen mit ihren Nebenarmen und angeschlossenen Seen von großem Wert. Wie der Sandoz-Unfall gezeigt hat, rauscht die Schadstoffwelle weitgehend an ihnen vorbei, so daß sie verschont bleiben und als Ausgangsorte für die Wiederbesiedlung dienen können.
Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt somit bei der Störungsprophylaxe. Das bedeutet, sich gegen theoretisch denkbare Zwischenfälle zu wappnen, von denen nur ein Bruchteil tatsächlich eintritt. Deshalb muß die Vorsorge von Wahrscheinlichkeitsabschätzungen wie auch von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen begleitet werden. Fragwürdig sind dabei Maßnahmen gegen Störfälle zweiter oder gar dritter Ordnung, das heißt gegen das Versagen einer oder mehrerer hintereinandergeschalteter Sicherheitseinrichtungen. Im Extremfall kann dies Störungen sogar wieder wahrscheinlicher machen, weil die technischen Einrichtungen zu kompliziert werden oder die Mitarbeiter unplausible Vorschriften einfach nicht befolgen.
Die Internationale Kommission zum Schutze des Rheins hat nach dem Sandoz-Unfall in ihrer Arbeitsgruppe Störfallvorsorge 435 Anlagen in den Mitgliedsstaaten inventarisiert, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird. In ihrem Bericht werden auch die wichtigsten Gesichtspunkte für die Sicherheit der Anlagen und die Minimierung der Störfallfolgen aufgeführt. Danach läßt sich die Anlagensicherheit nicht nur apparatetechnisch erhöhen – durch die richtige Wahl des Werkstoffs für die eingesetzten Behälter, Armatu-ren und Überwachungssysteme und ih-re durchdachte Konstruktion –, sondern auch organisatorisch verbessern, indem man für regelmäßige Wartung und sorgfältige Bedienung sorgt. Tritt dennoch ein Störfall ein, müssen Mittel bereitstehen, ihn unverzüglich zu bekämpfen. Dazu gehört die Möglichkeit, ausgetretene Stoffe aufzufangen, bevor sie in den Rhein gelangen. Das gilt auch und speziell für das Löschwasser bei Bränden.
Die deutsche chemische Industrie hat aus dem schweren Unglücksfall bei Sandoz ebenfalls sehr rasch Konsequenzen gezogen. Als erstes hat der Verband der Chemischen Industrie allen Mitgliedsfirmen angeraten, unverzüglich diejenigen Punkte ihres Sicherheitskonzepts zu überprüfen, die bei Sandoz von Bedeutung waren; dazu gehörten insbesondere Alarm- und Gefahrenpläne, Sicherheitseinrichtungen, Meldesysteme, aktuelle Lagerlisten sowie Sicherheitsdatenblätter. In einem Symposium zur Brandvermeidung wurden der Fachwelt die Erkenntnisse aus dem Unfall vermittelt. Im Hinblick darauf überarbeiteten die Sicherheitsexperten aus den Chemiefirmen die vorhandenen oder formulierten neue technische Regeln für den Brandschutz in Lägern von Pflanzenschutzmitteln und Chemikalien, für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, für die planmäßige Instandhaltung von Anlagen und für den Kühlwasserschutz.
Kühlwasserschutz
In Deutschland stuft eine behördliche Expertenkommission chemische Stoffe danach, wie wassergefährdend sie sind, in vier Klassen ein (von "im allgemeinen nicht wassergefährdend" bis "stark wassergefährdend"). Demgemäß sieht das Kühlwasser-Konzept abgestufte Maßnahmen von der analytischen Überwachung bis hin zur indirekten Kühlung vor. Nach dem Sandoz-Unfall lagen allerdings nur für rund 600 Stoffe amtliche Einstufungen vor; deshalb klassifizierte die Industrie von sich aus kurzfristig ungefähr 5000 weitere Substanzen anhand des amtlichen Schemas.
Auch für die BASF hat die Kühlwassersicherung große Bedeutung. Schließlich werden je nach Jahreszeit täglich 3 bis 4 Millionen Kubikmeter Wasser dem Rhein entnommen und im Einklang mit den behördlichen Auflagen leicht erwärmt, aber unverschmutzt über 14 Auslaufkanäle in den Fluß zurückgeleitet. Schon im Jahre 1978 war das Kühlwasser strikt von Abwasser getrennt.
Bei der lückenlosen Überwachung zeigte sich allerdings, daß trotzdem – beispielsweise durch korrodierte Kühler, Undichtigkeiten oder Fehlbedienungen – in einzelnen der mehr als 350 Betriebe, aus denen das Unternehmen besteht, das Kühlwasser gelegentlich geringfügig verschmutzt wurde. Obwohl diese Verunreinigungen mengenmäßig von untergeordneter Bedeutung waren, entschloß sich die BASF 1986 zum teuersten einzelnen Investitionsprogramm für den Umweltschutz in ihrer Geschichte. Mit einem Aufwand von rund 250 Millionen Mark führte sie mehr als 2000 Einzelmaßnahmen durch, um das Kühlwasser gegen Verunreinigung zu sichern und ei-ne zusätzliche Überwachung in den wesentlichen Einzelbetrieben einzurichten.
Dabei wurden mit jedem Betrieb anhand von Checklisten die notwendigen primären und sekundären Sicherheitsmaßnahmen festgelegt. Gemäß den Empfehlungen der IKSR dienen erstere zur Vermeidung von Störungen und letztere zur Minimierung der Störungsfolgen. Schon durch die Wahl des Kühlverfahrens und der verwendeten Werkstoffe sowie durch die Konstruktion der Anlage lassen sich viele Störungen von vorneherein weitgehend ausschließen; wichtig ist auch eine regelmäßige vorbeugende Wartung. Tritt dennoch ein unvorhersehbarer Störfall auf, ist es entscheidend, ihn frühzeitig zu bemerken und Maßnahmen zur Minimierung seiner Wirkungen vorzuhalten. Soweit erforderlich, wird ein möglichst robuster, für die jeweilige Anlage charakteristischer Parameter wie elektrische Leitfähigkeit, Trübung, Azidität oder Kohlenstoff-Gehalt im ablaufenden Kühlwasser des Betriebs kontinuierlich gemessen.
Das ist inzwischen bei den Abläufen von rund 130 Betrieben der Fall. Die Meßdaten laufen in der Umweltüberwachungszentrale des Unternehmens zusammen und lösen dort gegebenenfalls Alarm aus. Im Zweifelsfalle wird der verunreinigte Teilstrom des Kühlwassers sofort in die Kläranlage umgeleitet (normalerweise fließt das Kühlwasser, da es ja nicht verschmutzt ist, direkt in den Rhein zurück) und erst dann nach der Ursache der Störung gesucht. Das Programm wurde 1991 abgeschlossen.
Kläranlagenschutz
Auch aus Kläranlagen können plötzlich erhöhte Schadstoffmengen in den Fluß austreten, wenn beispielsweise durch eine Vergiftung der Bakterien die biologische Reinigung teilweise oder völlig versagt. Deswegen hat die BASF ein Toximeter entwickelt, das aus einer Laborkläranlage besteht, die bereits auf dem Werksgelände mit Sammelabwasser beschickt wird. Verringert sich ihre Sauerstoffzehrung, löst dies automatisch einen Alarm aus. Mit einer Ausnahme hat diese Sicherung bisher alle bakterienschädlichen Zuflüsse von der Kläranlage ferngehalten; nur Anfang Mai 1984 hatte sich eine Störung nicht im Toximeter angekündigt. Als Konsequenz aus diesem Vorfall, bei dem die Reinigungsleistung der Anlage für mehrere Tage beeinträchtigt war, wurde ein zusätzliches Kontrollgerät mit sehr kleinen Volumina und entsprechend kürzerer Ansprechzeit mit dem Namen "Toxicontrol" entwickelt. Mittlerweile überwachen insgesamt vier Geräte, zwei Toximeter und zwei Toxicontrol, mit unterschiedlichen Betriebsbedingungen den Zulauf der Belebungsbecken.
Doch auch bei normaler Reinigungsleistung hält die Kläranlage einzelne Abwasserinhaltsstoffe unter Umständen nur unzureichend zurück. Je gleichmäßiger sie arbeitet und je geringer die Restbelastung des Ablaufs ist, desto leichter lassen sich solche Störungen mittels Spurenanalyse identifizieren.
Bei der BASF wurde schon vor 15 Jahren mit der spurenanalytischen Überwachung von Einzelstoffen begonnen. Dabei zeigte sich, daß bestimmte Substanzen manchmal nur unvollständig eliminiert werden, wenn ihr Gehalt im Abwasser plötzlich steigt, und daß sie dann trotz der enormen Schmutzwassermenge von 500000 bis 600000 Kubikmetern pro Tag in zu hohen Konzentrationen die Kläranlage verlassen. Deshalb wurden bei bisher rund 30 Betrieben Einrichtungen geschaffen, die das Abwasser an Ort und Stelle anhand prozeßtypischer Parameter auf seine Zusammensetzung überwachen; in einigen Fällen analysiert ein Prozeßgaschromatograph bis zu zwölf Einzelsubstanzen. Stoßbelastungen, die durch die Kläranlage durchschlagen könnten, werden so frühzeitig bemerkt. Zur zusätzlichen Kontrolle dient die schon erwähnte Headspace-Gaschromatographie auf eine Anzahl organischer Einzelverbindungen im Hauptstrom.
Das Schmutzwasser hat eine Fließzeit von 30 bis 45 Minuten bis zur Kläranlage. In dieser Zeit können eines und nötigenfalls auch zwei der insgesamt fünf Belebungsbecken abgekoppelt werden, um hochbelastetes Abwasser für eine spezielle Reinigung zu speichern. Im Jahre 1992 ist ein zusätzliches Becken von 65000 Kubikmeter Inhalt als Notfall-Zwischenspeicher in Betrieb genommen worden. Durch Abkoppeln von Belebungsbecken wurden 1990 40- und 1991 30mal Schadstoffstöße aufgefangen, so daß die Kläranlage vor Überlastung bewahrt blieb. Um die Schadstoffe zu eliminieren, genügt es meist, einfach die Verweilzeit in der Kläranlage zu erhöhen; man kann aber auch zusätzlichen Belebtschlamm oder Aktivkohle als Adsorptionsmittel zugeben.
Nach jedem Störfall wird seine Ursache sorgfältig analysiert und das Ergebnis zur Verbesserung der Präventivmaßnahmen genutzt. Als Hauptursache anomaler Belastungen haben sich dabei Fehlbedienungen erwiesen, gefolgt von Materialdefekten.
Um plötzliche Abwasserbelastungen zu vermeiden, sollte man möglichst umfassend herausfinden, welche Stoffe in der Kläranlage nur unvollständig zurückgehalten werden. Angesichts der Vielzahl von Substanzen im Sammelabwasser ist dies jedoch keineswegs einfach. Auch heute gelingt es fast nur bei solchen Stoffen, die relativ flüchtig sind und sich mithin gaschromatographisch erfassen lassen oder für die ein spezifisches Analyseverfahren im Spurenbereich entwickelt werden kann.
Als Beispiel sei das Bentazon genannt. Dieses Kontaktherbizid haben die Amsterdamer Wasserwerke 1987 erstmals im Rhein gefunden und zur BASF, dem einzigen Hersteller, zurückverfolgt. Das Unternehmen versprach schnelle Abhilfe. Als Sofortmaßnahme wurde dem Abwasser des entsprechenden Produktionsbetriebes zunächst Aktivkohle zugesetzt, die den Schadstoff an sich bindet. Innerhalb eines Jahres entstand dann eine mehrstufige Extraktionsanlage mit einem flüssigen Ionenaustauscher, die das Bentazon am Betrieb zurückhält.
Dieser Fall war verhältnismäßig einfach, weil der Schadstoff nur aus einer Produktion stammte. Beim Ethylendiamintetraacetat (EDTA), das die BASF ebenfalls als einziges deutsches Unternehmen herstellt, ließ sich das Problem dagegen nicht so leicht lösen. Zwar konnte die Emission aus dem Produktionsbetrieb durch gezielte Maßnahmen drastisch gesenkt werden. Wie mehrjährige schwierige Untersuchungen ergaben, stammt die Abwasserbelastung aber auch aus einer Reihe anderer Betriebe, die EDTA bei der Produktion verwenden. Für jeden davon galt es, spezielle Minderungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Nachdem die generellen Schutzmaßnahmen weitgehend ausgeschöpft sind, bildet die Identifizierung und Elimination von Einzelstoffen die derzeitige und künftige Hauptaufgabe der Abwasserreinigung. Sie ist allerdings mühsam und langwierig, und jeder Einzelfall erfordert erhebliche Investitionen, meist in Millionenhöhe. Dennoch sind Jahr für Jahr Fortschritte zu verzeichnen.
Die Behörden haben die Meldeauflagen für Kühlwasserverschmutzungen sowie für einen Schadstoffanstieg im Ablauf der Kläranlage mehrfach verschärft. Deswegen müssen nun auch Ereignisse angezeigt werden, die ohne meßbaren Einfluß auf die Gewässergüte sind; auf sie bezieht sich die in der Öffentlichkeit oft mißverstandene Formulierung "von geringer Gewässerrelevanz". Die BASF läßt alle Meldungen, die Anlaß zu ei-ner vorsorglichen Weiterinformation im Rahmen des Rheinwarndienstes der Behörden geben, auch den Wasserwerken und der Presse zukommen. Die Bilanz sieht allerdings sehr erfreulich aus. So mußten beim Kühlwassersystem 1992 gar keine Störungen gemeldet werden, durch die der Rhein zusätzlich mit organischen Stoffen belastet worden wäre. Bei der Kläranlage gab es zwar zwei meldepflichtige Anomalien aufgrund betrieblicher Störungen; keine davon war jedoch gravierend genug für eine Rhein-Information oder gar eine Warnung.
Für einen erfolgreichen Gewässerschutz spielt auch das Umweltbewußtsein der Mitarbeiter eine wichtige Rolle. Die Umweltüberwachungszentrale der BASF erhält täglich mehrere Meldungen aus den Betrieben über Besonderheiten bei der Abwasserableitung; so wird sie informiert, wenn Spül- und Reinigungsvorgänge anstehen, wenn eine Anlage abgestellt oder angefahren werden soll oder wenn Betriebsstörungen auftreten. Jede Meldung gibt Anlaß zu besonderer Beobachtung und gegebenenfalls zu Vorsorgemaßnahmen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Störungsprophylaxe.
Schiffstransport und Warenumschlag
Der Wasserweg gilt zu Recht als besonders sicher. Da die Unfallzahlen weitaus niedriger als bei allen anderen Verkehrsträgern sind, eignet er sich besonders für den Transport gefährlicher Güter. Andererseits lassen sich die Schadensfolgen auf dem festen Boden sehr viel besser lokal begrenzen als auf ei-nem Fluß.
Obwohl die Verkehrsleistung auf dem deutschen Rheinabschnitt in den letzten 20 Jahren um etwa 12 Prozent zugenommen hat, ist die Gesamtzahl der gemeldeten Unfälle im gleichen Zeitraum auf rund die Hälfte zurückgegangen, die der schwerwiegenden Unfälle sogar deutlich mehr. Diese erfreuliche Entwicklung läßt sich teils damit erklären, daß die Verkehrsdichte abgenommen hat, weil zunehmend größere Schiffe eingesetzt werden. Den Hauptanteil an der steigenden Transportsicherheit hat aber zweifellos die europäische Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein (ADNR). Sie enthält differenzierte Vorschriften über Bau und Ausrüstung zum Schutz von Schiffen und Gewässer. So kommen bei besonders gefährlichen Stoffen mehr und mehr Schiffe mit doppeltem Rumpf zum Einsatz.
Dem sicheren Schiffsverkehr auf dem Rhein dient auch das Melde- und Informationssystem Binnenschiffahrt (MIB), das in Deutschland zur Zeit in zwei Stationen – Duisburg und Bimmen – nach niederländischem Vorbild eingerichtet wird. Damit lassen sich alle gewerblichen Schiffsbewegungen verfolgen.
Unfälle können sich allerdings auch beim Umschlag von Transportgütern ereignen. Deshalb ist es sinnvoll, das Verladen gefährlicher Stoffe vom fließenden Strom in undurchflossene Häfen zu verlegen, wo wirkungsvolle vorbeugende oder nachträgliche Schutzmaßnahmen möglich sind. Ein Beispiel ist der Nordhafen der BASF, in dem jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen gefährliche Stoffe umgeschlagen werden. Fernsehkameras überwachen jeden Be- und Entladevorgang, der auch auf den Schiffen fortwährend optisch kontrolliert wird. Landseitige Schnellschlußventile schließen sich automatisch bei Überfüllung des Schiffs oder beim Trennen der Verbindung. Als sekundäre Schutzmaßnahmen sind für jeden einzelnen Entladeplatz sowie für den gesamten Hafen Luftsperren fest installiert, so daß für wasserunlösliche Flüssigkeiten eine doppelte Auffangmöglichkeit besteht. Sie können mit einer Schlängelleitung gesammelt und mit einem Spezialgerät abgesaugt werden. An Land gibt es Container für den Schiffsmüll sowie für die Tankwasch- und Ballastwässer.
Erhebliche Bedeutung für den Gewässerschutz hat auch die geordnete Entsorgung der ölverschmutzten Bilgenwässer, die sich im Schiff, besonders im Maschinenraum, sammeln. Schon 1957 wurde in Duisburg-Ruhrort ein privater Entölungsdienst aufgenommen; 1965 folgte die Gründung eines staatlichen Bilgenentwässerungsverbands in Deutschland. Acht Bilgenentölungsboote stehen heute zur Verfügung; sie lenzen für den Anforderer kostenfrei am fahrenden Schiff – also ohne Zeitverlust – die Bilge. Seit den siebziger Jahren werden dem Rhein so jährlich zwischen 8000 und 10000 Tonnen Bilgenöl ferngehalten.
Weniger Störungen bei zunehmenden Sicherheitsvorkehrungen machen deutlich, daß der Rhein auch für den Schutz anderer Fließgewässer gegen unfallbedingte Verschmutzungen als Vorbild dienen kann. Man sollte sich jedoch nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Es gibt keine absolute Gewähr, daß keine Störfälle auftreten. Angesichts der Vielzahl in großer Menge hergestellter, transportierter und verwendeter Stoffe im Einzugsgebiet der Lebensader Europas gilt es, stets auf der Hut zu sein und die primären und sekundären Sicherungsmaßnahmen auch weiterhin überall dort zu verbessern, wo es sinnvoll ist und der Effekt in vernünftiger Relation zum Aufwand steht.
Literaturhinweise
- Die Beeinträchtigung natürlicher Gewässer durch die Zivilisation. Ökologische Gesichtspunkte. Von Werner Stumm in: Chemische Rundschau, 29. Jahrgang (1976), Heft 7, Seite 39.
– Die Dispersion von Stoffen im Rhein und ihre Konsequenzen für die Gewässerschutzpolitik. Von A. van Mazijk in: 11. Arbeitstagung der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke am Rhein (IAWR), Seiten 177 bis 204. Amsterdam 1987.
– Der Gütezustand des Rheins. Von K.-G. Malle in: Chemie in unserer Zeit, 25. Jahrgang (1991), Heft 5, Seiten 257 bis 267.
– Bericht zum Sandoz-Unfall (1986). 2. Bericht zum Sandoz-Unfall (1988). Deutsche Kommission zum Schutze des Rheins (DKSR).
– Brand bei Sandoz und Folgen für den Rhein in NRW. Landesamt für Wasser und Abfall Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1986.
– Sicherheit der Trinkwasser-Versorgung aus Uferfiltrat bei Stoßbelastungen. Von H. Sontheimer in: 12. Arbeitstagung der IAWR, Seite 147. Amsterdam 1989.
– Störfallvorsorge und Anlagensicherheit im Rheineinzugsgebiet. Internationale Kommission zum Schutze des Rheins (IKSR). Koblenz 1991.
– Verkehrssicherheit in der Binnenschiffahrt. Von G. Jungmann in: Binnenschiffahrt, 24. Jahrgang (1991), Seite 1210.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 2 / 1994, Seite 40
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